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Zwölf Beratungsspezialisten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol hatten 1961 die Organisation gegründet, um die Zusammenarbeit und den Austausch der Beratungskräfte zu stärken. Die Jubiläumstagung, die gemeinsam von den europäischen Netzwerken IALB, EUFRAS (European Forum For Agricultural And Rural Advisory Services) und SEASN (South Eastern Europe Advisory Service Network) veranstaltet wurde, konnte aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nur virtuell in die Region rund um den Bodensee zurückkehren.

Trotzdem war die Resonanz groß und mehr als 300 Teilnehmende aus 20 Ländern präsentierten und diskutierten Erfahrungen zu aktuellen Themen der Beratung. Organisiert wurde die Tagung von einem internationalen Team aus der Schweiz, Österreich und Deutschland, das mit vielen virtuellen Tools einen interessanten und aktiven Austausch inklusive virtueller Exkursionen über eineinhalb Tage vom 10. bis 11. Juni ermöglichte. Das Tagungsthema lautete: Leben und Landwirtschaft im Wandel – Veränderungen begleiten, Innovationen unterstützen, Resilienz stärken. Mit drei Impulsvorträgen wurde die Jubiläumstagung eröffnet.

Große Transformation

Professor Dr. Fredmund Malik, Malik Management Institut St. Gallen, stellte die "Große Transformation 21" in den Mittelpunkt seines Vortrags. Seine These: Die Gesellschaft befinde sich zurzeit in einer "kritischen Entscheidungszone" der vierten Großen Transformation. Solche tiefgreifenden Transformationsprozesse finden alle paar hundert Jahre in der westlichen Geschichte statt. Zu den Treibern der Transformation gehören Digitalisierung, überalterte Bevölkerungen, ökologische Herausforderungen und daraus folgende wirtschaftliche Fragen sowie Komplexität. Eine seiner Schlussfolgerungen: Die bisherigen Hauptkoordinatoren Raum und Zeit haben keine Bedeutung mehr. Es kommt auf die Beziehungen, die Vernetzungen von Menschen an, die in Teams von 30 bis 50 Personen besonders erfolgreich zusammenarbeiten können. Wenn Komplexität richtig genutzt wird, ist sie die Grundlage für Kreativität und Innovation.

Innovationssysteme

Darauf aufbauend erläutert Kerstin Rosenow, Referatsleiterin Forschung & Innovation in der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der EU-Kommission, dass Landwirtschaft immer intensiver neue wissenschaftliche Erkenntnisse nutzen muss, um nachhaltiger zu werden und gleichzeitig den Lebensunterhalt der Menschen im Agrarsektor zu sichern. Ihr Statement: Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Innovation, die Fortschritte in der Forschung in konkrete Verbesserungen vor Ort umsetzt. Dafür ist es notwendig, starke landwirtschaftliche Wissens- und Innovationssysteme (AKISs) in ganz Europa aufzubauen. Sie setzt dabei besonders auf verstärkte Europäische Innovationspartnerschaften (EIP AGRI), die dazu beitragen sollen, dass Wissen und Innovation vor Ort leicht verfügbar sind. Hierbei müssen Wissenschaft, Beratung, Bildung und Unternehmen eng zusammenarbeiten.

Einen Schritt weiter geht der niederländische Forscher und Trainer Dr. Eelke Wielinga, linkconsult.nl, in seinem Vortrag, indem er die Frage stellt, was Innovationsberaterinnen und -berater tun können, um den Wandel in lebenden Netzwerken zu begleiten. "Wir sind reaktionsfähig, wenn wir neue Antworten in einer neuen Realität schaffen und dazu benötigen wir ein AKIS, das auf Beratungskräfte als Innovationsunterstützer setzen kann, deren Rolle weit über die Verknüpfung von Forschung und Praxis hinausgeht", so Wielinga. Im Rahmen von Multi-Akteurs-Innovationsprozessen und Co-Kreation (s. auch Online-Beiträge B&B Agrar: Innovation als Lernprozess verstehen (27. Mai 2020), Innovation als Beratungsauftrag wahrnehmen (13. Mai 2020)) kann die Beratung dabei unterstützen, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Netzwerke für Innovationen zu mobilisieren.

Was ein gut funktionierendes AKIS benötigt, wurde unter anderem auch in einem der 14 Workshops diskutiert. Dabei spielen aktive Entscheidungsträger und gut ausgebildete Akteure, ausreichende Ressourcen und eine gute Infrastruktur eine entscheidende Rolle. Nur so können der Wissensfluss und die Beratungsdienste gestärkt und ein themenbezogener, länderübergreifender Austausch unterstützt werden, so die Schlussfolgerung der Teilnehmenden des Workshops.

Zukunft neu denken

Die IALB und ihre europäischen Partner EUFRAS und SEASN unterstützen die gute Ausbildung der Beratungskräfte und verknüpfen als starkes Netzwerk unter anderem auch das fachliche Wissen mit persönlichkeitsbildenden Kompetenzen über die Beraterinnen- und Berater-Qualifizierung durch CECRA (Certificate for European Consultants in Rural Areas). Beratung ist ein komplexer Prozess, der vielfältige Kompetenzen erfordert. So stellte Anton Stöckli, Vizepräsident der IALB, in seinem Ausblick am Ende der Tagung fest, dass es für die Beratung der Zukunft mehr denn je wichtig ist, neu und ungewohnt zu denken und Entwicklungen zu begleiten. Dazu benötigen vor allem junge Beratungskräfte ideelle und materielle Unterstützung sowie eine gute Aus- und Weiterbildung in fachlicher und methodischer Hinsicht. Nur so ist es möglich, kompetent und verantwortungsvoll zu beraten. Sein Fazit: "Wir müssen heute beginnen, die Zukunft zu gestalten!"

Die 61. Tagung der IALB, EUFRAS und SEASN findet vom 21. bis 24. Juni 2022 in Lugo, Spanien, statt.