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Die Palette an Kursen speziell für Frauen wird größer, denn Bedarf und Nachfrage sind da. Die Motivation, an einem solchen Kurs teilzunehmen, ist, neben Interesse an den Lerninhalten, der Umgang miteinander. Was reine Frauenkurse von gemischten Gruppen abhebt, ist die Lernatmosphäre und die Herangehensweise der Teilnehmerinnen. "Wenn Frauen unter sich sind, trauen sie sich mehr und sprechen offener. Manche sind sonst nicht gewohnt, das Wort zu ergreifen", sagt Stefanie Krüer. Sie ist Koordinatorin im Netzwerk für Weiterbildung für Frauen im Agrarbereich bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Ähnliche Erfahrungen hat Katrin Busch, Beraterin bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, gemacht: "Während sich Frauen in einer gemischten Teilnehmerrunde eher selten zu Wort melden, herrscht in den Frauenkursen keine Scheu davor, Fragen zu stellen. Da wird auch ein zweites Mal nachgehakt, wenn noch nicht alles verstanden ist."

Gibt es irgendetwas Neues für den Betrieb zu erfahren, dann melden sich eher die Männer zu Informationsveranstaltungen oder Kursen an. In gemischten Gruppen sind Frauen oft in der Minderheit. Neben Arbeiten auf dem Hof oder an einem betriebsfernen Arbeitsplatz lässt die Vielfalt an Aufgaben in Haushalt und Familie, die häufig auch heute noch allein auf den Frauen lasten, wenig Raum für Weiterbildung. Alte Rollenbilder und Aufgabenverteilungen halten sich hartnäckig und führen zu Doppel- und Dreifachbelastung von Frauen. Die vorangegangene Generation erwartet es, die dünne ländliche Infrastruktur erfordert es: Fahrdienst für Kinder, Wocheneinkauf, Gartenarbeit, in der Ernte Essen ans Feld bringen und dann das stetige: "Kannst du mal eben?"

Dabei sind Frauen, die auf landwirtschaftlichen Betrieben leben und (mit-)arbeiten, keine homogene Gruppe, weder vom Bildungs- noch vom familiären Hintergrund her. Da sind die, die hineingeboren wurden und die traditionellen Gepflogenheiten und die Arbeiten im Jahresverlauf kennen. Frauen, die Ausbildungen in grünen Berufen wie Tierwirtin oder Gartenbau absolviert haben, sind Hofnachfolgerinnen oder Mitarbeiterinnen mit oder ohne Meistertitel, mit oder ohne Hochschulabschluss in Agrarwissenschaften.

Andere springen ungelernt und unvorbereitet hinein, denn viele Frauen kommen erstmals durch einen Partner überhaupt mit Landwirtschaft in Kontakt. "Hilfe mein Freund hat einen Hof! Was kommt da auf mich zu?" heißt darum ein Vortrag im Rahmen des Seminarangebotes der Landwirtschaftskammer Niedersachsen für Einsteigerinnen. Partnerinnen und Eingeheiratete müssen sich hineinfinden in Abläufe drinnen wie draußen, denn oft ist da ein Mehrgenerationenhaushalt mit zwischenmenschlichen Herausforderungen, Erwartungshaltungen und zementierter Rollenverteilung. Daraus resultieren die Gründe, warum Frauen in der Landwirtschaft einen anderen Weiterbildungsbedarf haben als Männer.

Umgang mit Technik

Beim Schleppertraining für Frauen geht es beispielsweise darum: Wie kann ich Geräte anbauen? Wie funktioniert ein Frontlader? Worauf muss ich achten? Die bis zu 20 Teilnehmerinnen erhalten Grundlagenwissen und können ohne Eile ausprobieren, wie etwas funktioniert. "Die Ausbilder sind externe Profis, da wissen die Teilnehmerinnen: Hier darfst du dich doof anstellen", erläutert Katrin Busch. Schwieriger sei es, wenn zu demjenigen, der etwas vermitteln soll, eine emotionale Beziehung besteht, so die Beraterin: "Man will vor Partner oder Schwiegervater nicht als die Ungelernte dastehen, die es nicht weiß. Außerdem fehlt oft die Zeit – und auf einer oder beiden Seiten die Geduld."

Auch anderen technischen Geräten begegnen Frauen mit mehr Zurückhaltung als Männer. Für die Motorsäge gibt es seit einigen Jahren Einsteigerinnen-Kurse nur für Frauen, zum Beispiel an mehreren Standorten der DEULA. Auch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen bietet seit vergangenem Jahr Kettensägekurse für Frauen an und konnte in der Zeit bereits fünf dieser Seminare durchführen. Der Grundlagen-Lehrgang besteht aus einem Theorie- und einem Praxistag, an dem das Erlernte ausprobiert wird. "Die Teilnehmerinnen in den Kleingruppen sind, was Alter oder Vorerfahrung mit der Säge angeht, ganz unterschiedlich", berichtet Katrin Busch.

Auch in den Kettensägekursen gilt, dass Frauen in gemischten Gruppen eher nicht zum Zug kommen: Unter Umständen werden ihnen sogar die Sägen aus der Hand genommen. Für Männer dagegen bedeutet das zweitägige Seminar oft nur eine leidige Pflichtübung, weil sie den Selbstwerberschein brauchen, um Brennholz im Wald zugewiesen bekommen zu können. Sie glauben häufig, schon alles aus ihrer bisherigen Praxis-Erfahrung zu wissen und über genug Sicherheit im Umgang mit der Säge zu verfügen. So wird in den gemischten und den reinen Männergruppen generell deutlich weniger gefragt. Frauen besuchen einen solchen Kurs aus anderen Motiven. Sie wollen etwas über den sicheren Umgang mit der Kettensäge lernen. Teilnehmerinnen geht es zum Beispiel darum, endlich Sägearbeiten oder Brennholz selbst machen zu können, statt darauf zu warten, dass einer der Männer auf dem Betrieb Zeit dafür erübrigt.

Professionell im Büro

Ein typischer Aufgabenbereich von Frauen auf Familienbetrieben sind die Büroarbeiten. Viele der Quereinsteigerinnen aus anderen Berufsfeldern hatten bereits mit Buchhaltung und Verwaltungstätigkeiten zu tun. Außerdem ist eine ans Haus gebundene Tätigkeit mit den Aufgaben innerhalb der Familie vereinbar. Es ist also naheliegend für Frauen, dass sie hier einen möglichen Arbeitsbereich für sich abstecken und in Weiterbildung investieren. Die Kosten dafür sind in vielen Fällen steuerlich absetzbar; es handelt sich um eine Betriebsausgabe.

Büroarbeiten in der Landwirtschaft sind nicht nur sehr vielseitig, sondern auch mit Anforderungen verbunden, die besondere inhaltliche Kenntnisse erfordern. Diese müssen auf dem neusten Stand sein, denn vom Büro aus wird die Steuer erledigt, werden Fördermittel beantragt und Dokumentationspflichten erfüllt. "Der Landwirt auf dem Betrieb muss über die Abläufe andere Dinge wissen als die Bürokraft", erklärt Stefanie Krüer: "Wenn sich die Bürokraft sicher ist, welche Angaben sie für Anträge, Formulare, Dokumentationen haben muss, kann sie alle nötigen Vorgänge abwickeln. Dazu benötigt sie aber spezifisches Fachwissen, zum Beispiel Kenntnisse, um zwischen Ammoniak und Stickstoff unterscheiden zu können."

Das Programm WiN, Weiterbildung im Netzwerk, der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen besteht daher aus sehr unterschiedlichen Themenfeldern: Düngeverordnung, CO2-Bilanz, Diversifizierung, Office-Anwendungen und Cloud-Dienste oder Stolperfallen bei einer Steuerprüfung. Auch Regelungen im Erb- und Eherecht gehören zum Weiterbildungsprogramm. "Frauen sind oft nicht gut aufgestellt bei der Altersvorsorge", hat Krüer beobachtet. Die Teilnehmerinnen wollen in der Lage sein, ihre Position auf den Höfen und in der Familie klar zu definieren, Arbeitsabläufe effizient zu gestalten und auf dem Betrieb möglichst auf Augenhöhe mitzureden. Es gibt ein wechselndes Angebot an Weiterbildungsthemen, die einzeln oder als Abo buchbar sind. Ab 2023 wird zusätzlich zu Präsenz- und Online-Seminaren eine E-Learning-Plattform für Bürokräfte eingerichtet. Die Kurseinheiten beleuchten die landwirtschaftlichen Abläufe aus Sicht der Bürokraft. In 20 Modulen lassen sich so die Aufgaben innerhalb des Büros speziell für die Agrarbranche darstellen.

In Niedersachsen können sich Frauen seit beinahe 20 Jahren im Büromanagement weiterbilden lassen. Seit 2003 haben etwa 6.500 Frauen entsprechende Kurse absolviert. Neben dem Grundkurs AgrarBüromanagerin I, der an zehn Seminartagen die Grundlagen vermittelt, sind inzwischen die jeweils auch aus mehreren Tagen bestehenden Teile II und III hinzugekommen, um weiteren Wissensbedarf abzudecken. Dazu gehören auch hier Altersvorsorge für Frauen auf den Betrieben, Fragen der Erbfolge und der Absicherung und das Anlegen eines Notfallordners. Fällt entweder der Betriebsleiter oder dessen Partnerin aus, müssen sich Betriebshelfer zurechtfinden können, um so gut wie möglich die anstehenden Aufgaben zu erfüllen. In diesen Kursen wird unter anderem die Arbeit von Dorfhelferinnen vorgestellt, die bei Krankheit einspringen, um Haushalt und Familie zu versorgen.

Da die Agrar-Büromanagerin eine an regionalen Kammerstandorten organisierte Weiterbildung ist, liegen die Betriebe der Teilnehmerinnen nah beieinander. Dadurch gelingt es vielen Gruppen, sich gut zu vernetzen. Teils kommen sie noch jahrelang zu Treffen wieder zusammen. "Einige bilden eigene Arbeitskreise, um ihr Wissen aktuell zu halten und sich untereinander auszutauschen", berichtet Katrin Busch. Den Erfahrungsaustausch in der Gruppe, so Stefanie Krüer, schätzen auch die WiN-Teilnehmerinnen besonders. So entsteht eine Win-win-situation für Teilnehmerinnen und die Betriebe, die sie mit ihrem Wissen zukunftsfähig machen.


Links

AgrarBüromanagerin:

Auch als Kompaktkurs:

WiN – Weiterbildung im Agrarbereich, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

"Hilfe, mein Freund hat einen Hof. Was kommt da auf mich zu?" Vortrag bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen gehört zum Seminarprogramm "Frau. Jung. Landwirtschaft":

Motorsägenkurse für Frauen:

DEULA Hildesheim:

Landwirtschaftskammer Niedersachsen:

Crashkurs Landtechnik für Frauen an der DEULA in Rendsburg:

Schleppertraining für Frauen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen: