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Mit dem Online-Tool KennDi können Beratungskräfte noch besser einschätzen, wie ein Betrieb mit Direktvermarktung im Vergleich zu anderen betriebswirtschaftlich abschneidet, und dessen Stärken und Schwächen aufspüren.
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Für den langfristigen Erfolg von Hofläden ist es entscheidend, dass die Zahlen stimmen. Dabei hilft der Vergleich mit anderen ähnlich großen Hofläden. In einem durch das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) geförderten Projekt der Bioland Beratung GmbH und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) wurden 53 Hofläden betriebswirtschaftlich ausgewertet und das Online-Tool KennDi für einen individuellen Betriebsvergleich entwickelt.

Dafür haben Vermarktungsexpertinnen und -experten der Bioland-Beratung sowie der Landwirtschaftskammern Niedersachsen und Rheinland-Pfalz die Daten von 32 Bio-Hofläden, 14 konventionellen Hofläden und sieben Hofläden sozialer Einrichtungen erhoben und deren Betriebsleiterinnen und -leiter befragt. Die Auswahl der Läden ist zwar keine repräsentative Stichprobe, dennoch bilden die Betriebe mit ihren unterschiedlichen Umsatzgrößen von 100.000 Euro bis über eine Million Euro oder mit ihren Verkaufsflächen von 40 bis zu 300 Quadratmeter eine solide Grundlage für einen Betriebsvergleich. Von den ermittelten 164 Kennzahlen werden in der Broschüre "Hofläden im betriebswirtschaftlichen Vergleich" die 16 wichtigsten dargestellt, darunter unter anderem der Umsatz je Voll-Arbeitskraft und je Verkaufsfläche, der Anteil des Wareneinsatzes am Umsatz sowie der Gewinn des Unternehmers oder der Unternehmerin. Die Kennzahlen wurden auf Basis des Medians ermittelt, weil die Ergebnisse der Hofläden sehr stark streuen.

Große Unterschiede

Alle 53 ausgewerteten Bio- und konventionellen Hofläden erzielten auf einer mittleren Verkaufsfläche von 60 Quadratmetern bei einem Umsatz von 270.000 Euro einen mittleren Gewinn von 24.900 Euro. Daraus resultiert ein mittlerer Gewinn von 15,77 Euro je Unternehmer-Arbeitsstunde. "Wenn sich ein Hofladenbetreiber zeitlich sehr stark einbringt, dann verdient er meist deutlich weniger als der von uns angesetzte kalkulatorische Mindestlohn von 20 Euro. Dieser orientiert sich an den aktuellen Tariflöhnen von landwirtschaftlichen Meistern inklusive Arbeitgeberanteil", erläutert Axel Wirz vom FiBL, der die Daten ausgewertet hat.

Insgesamt fällt auf, dass die Bio-Höfe bei den meisten Kennziffern besser abschnitten als die konventionellen (s. Tabelle): So betrug der mittlere Umsatz je Voll-Arbeitskraft bei den Bio-Hofläden rund 173.200 Euro und bei den konventionellen Hofläden 94.300 Euro. Pro Bon wurde im Bio-Hofladen ein Erlös von 29,97 Euro erzielt – im konventionellen Hofladen waren es 14,60 Euro. Deutliche Unterschiede sind auch beim Wareneinsatz und den Personalkosten zu verzeichnen. Während der Gewinn je Unternehmer-Arbeitsstunde bei den Bio-Hofläden 31,82 Euro pro Stunde ausmachte, waren es bei den konventionellen Hofläden nur 11,59 Euro.

Umsatzentwicklung

Betrachtet man die Entwicklung in den drei Vergleichsjahren 2016 bis 2018 (s. Abbildung 1), zeigte sich: Der Umsatz der Öko-Betriebe bewegte sich auf einem fast gleich hohen Niveau von rund 315.000 Euro. Dagegen konnten die ausgewerteten konventionellen Hofläden ihren Umsatz im Mittel um rund 20 Prozent vergrößern. Bei allen untersuchten Hofläden hat sich der Umsatz positiv entwickelt. Im genannten Zeitraum hat der Umsatz um vier Prozent zugelegt.

Positiv ausgewirkt haben sich hierbei eine Verlängerung der Öffnungszeiten um durchschnittlich zwei Stunden pro Woche und eine höhere Kundenfrequenz mit einem durchschnittlichen Zuwachs von zehn Kundinnen und Kunden pro Woche. Die erhöhte Kundenfrequenz ging allerdings zulasten der durchschnittlichen Bongröße, die in diesem Zeitraum um rund 15 Prozent zurückging (s. Abbildung 2).

Gewinnklassen

Des Weiteren erfolgte eine Clusterung der Daten nach Verkaufsfläche, Umsatz sowie nach Gewinnklassen. Im unteren Drittel sind die Bio-Hofläden mit den niedrigsten Gewinnen vertreten, im Mittel haben sie eine Verkaufsfläche von 70 Quadratmetern. Das obere Drittel umfasst die größeren und umsatzstärkeren Bio-Betriebe. Dies ermöglicht den Nutzerinnen und Nutzern, sich mit ähnlich strukturierten Betrieben zu vergleichen.

Vergleicht man das obere und das untere Drittel der Bio-Betriebe, sortiert nach Gewinn, ergibt sich folgendes Bild: Der Gewinn der Bio-Hofläden schwankt sehr stark zwischen den beiden Gewinnklassen, und zwar um mehr als 62.000 Euro. So erwirtschafteten die erfolgreichsten Hofläden einen mittleren Gewinn von 81.269,90 Euro, während der mittlere Gewinn der schwächsten Hofläden 13.438 Euro betrug. Ausschlaggebend für den geringen Gewinn der schwächsten Bio-Betriebe sind ihre hohen Allgemeinkosten. Darunter fallen die Kosten für Instandhaltung und Buchhaltung, Büro- und Werbekosten, Versicherungsbeiträge sowie Energie- und Wasserkosten.

Arbeitseinsatz

Über alle 53 Hofläden hinweg betrachtet, zeigt sich, dass der zeitliche Einsatz des Unternehmers/der Unternehmerin bei einem Teil der Betriebe wesentlich höher ausfällt als bei den erfolgreichen Hofläden. Die Studienautorin und Bioland-Beraterin Irene Leifert weiß aus langjähriger Erfahrung, dass dies ein bekanntes Phänomen ist: „Die eigene Arbeitszeit wird oft unterschätzt und nicht in angemessenem Umfang in die Kalkulation einbezogen. Auch beim Wareneinsatz gibt es häufig noch Optimierungspotenzial.“ Als Faustzahl nennt die Bioland-Vermarktungsexpertin eine Obergrenze von 70 Prozent. Macht der Warenumsatz mehr als 70 Prozent der Gesamtkosten aus, könnten die Betriebe nur schwer kostendeckend arbeiten und Gewinne erzielen.

Vergleich

Mithilfe des Online-Tools KennDi können Hofläden ihre betriebswirtschaftlichen Daten analysieren und einordnen. Der Vergleich mit ähnlich strukturierten Betrieben macht deutlich, wo es noch Optimierungspotenzial gibt. Auch für Beratende oder Beratungsorganisationen ist KennDi interessant (s. Interview). Neben der Auswertung eines Einzelbetriebs ermöglicht es Gruppenanalysen für Erfahrungsaustausch-Gruppen. Für den Einzelbetrieb kostet der Zugang im ersten Jahr 110 Euro, für alle weiteren Jahre 90 Euro. Beratungskräfte können ein Beratungspaket, das Eingabe und Vergleich von fünf Betrieben umfasst, für 400 Euro erwerben. Jede weitere Nutzung kostet 300 Euro.

Interview

Effizientes Instrument

Um Hofläden betriebswirtschaftlich zu optimieren, wird es immer wichtiger, mit spitzer Feder zu rechnen. Irene Leifert von der Bioland-Beratung erläutert, wie das Online-Tool KennDi in der Fachberatung von Betrieben mit Direktvermarktung eingesetzt werden kann.

Was war die Motivation für die Entwicklung von KennDi?

Leifert: Zum einen ging es uns darum herauszufinden, wie wirtschaftlich Hofläden arbeiten und wie die Branche insgesamt dasteht. Denn zuletzt wurden 2006 betriebswirtschaftliche Kennziffern für den Bereich der biologischen Direktvermarktung veröffentlicht. Außerdem wollten wir Kennzahlen ermitteln, die wir in der Beratungsarbeit nutzen können. Wichtig war uns aber auch, dass die Betriebe ein Tool an die Hand bekommen, mit dem sie eigenständig arbeiten können. So ist die Idee entstanden, ein Online-Tool zu entwickeln, das beide Anforderungen erfüllt.

Was bringt KennDi und wie ergänzt es die Beratungsarbeit?

Leifert: In der Beratung hilft das Tool, den Status-Quo eines Betriebes zu ermitteln: Macht der Hofladen Gewinn oder keinen? Rechnet sich die Direktvermarktung? Lohnen sich größere Investitionen, zum Beispiel die Einrichtung eines Hofcafés oder einer Fleischtheke? Das alles sind Fragen, welche die Betriebe umtreiben und mit denen sie sich an uns Beratungskräfte wenden. Dank des Tools haben wir nun ein sehr effizientes Instrument an der Hand, das uns belastbare Daten liefert und hilft, Knackpunkte und Stärken der Betriebe realistisch einzuschätzen. Die Kennzahlen sind auch eine gute Entscheidungsgrundlage für die Personalplanung, Sortimentsgestaltung oder Investitionen im Hofladen.

Macht es einen Unterschied aus, ob ein Betrieb das Tool eigenständig nutzt oder im Rahmen einer Beratung?

Leifert: Wer mithilfe einer Beraterin oder eines Beraters KennDi nutzt, profitiert davon, dass die Beratungskraft stets Zugriff auf die aktuellen Kennzahlen hat. Sie überprüft die Betriebsdaten auf Plausibilität und nennt im Beratungsbericht Handlungsoptionen aufgrund der individuellen Kennzahlen. Alle in KennDi eingegebenen und überprüften Daten fließen dann anonymisiert in die Ermittlung der Branchenkennzahlen ein.

Welchen Nutzen bringt KennDi in der Gruppenberatung?

Leifert: Aus Beratungssicht sind Gruppen Gold wert. Man arbeitet meist schon lange zusammen, teilweise seit über 20 Jahren. Alle kennen sich untereinander und wissen von den Besonderheiten der anderen. Berater können für diese Gruppen mit KennDi individuelle Auswertungen erstellen, die auch die aktuellen allgemeinen Jahreskennzahlen miteinbeziehen.


Anmeldung zur Nutzung des Online-Tools unter www.kenndi.de

Fragen zu den Kennzahlen oder zum Tool bei der Bioland Marketing Direktvermarktung, Tel. 02385/935445, E-Mail: kenndi@bioland.de


Literatur

Bioland Beratung GmbH, FiBL Deutschland e.V. (Hg.) (2020): Hofläden im betriebswirtschaftlichen Vergleich. Kennzahlen zu Verkaufsfläche, Umsatz und Gewinn, URL: https://www.kenndi.de/documents/Broschüre_Hofläden.pdf (Abruf 6.10.2020)