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Beratungskräfte diskutierten angesichts aufkommender Veränderungen über ein neues Rollenverständnis.
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Der Einstieg ins Thema erfolgte mittels drei Fragen zu verschiedenen Aspekten der Entwicklung der Beraterrolle. Die Beantwortung dieser Fragen geschah zuerst nonverbal nur über Positionierung im Raum zwischen "Ja auf jeden Fall" bis "Nein überhaupt nicht" und löste sogleich rege Diskussionen aus. Es zeigte sich sehr schnell - und auch räumlich gut sichtbar, dass es unter den Teilnehmenden ganz unterschiedliche Einschätzungen und Perspektiven in Bezug auf Beraterrollen gibt. Ebenso existiert ein großes Spektrum an Vorstellungen davon, wie sich der Aufgabenbereich der ländlichen Beratungskräfte entwickeln wird.

Nach einer kurzen Einführung zu den fünf Megatrends Digitalisierung, Umweltschutz, Tierwohl, Diversifizierung und Privatisierung ging es bei der anschließenden Diskussion in Kleingruppen darum, diese Trends vertieft zu diskutieren. Die Teilnehmenden lenkten den Blick darauf, wie sich die Trends auf die Arbeit und Rolle des Beratenden auswirken, welche Lösungsansätze es (bereits) gibt und welche Qualifikationen zukünftige Beratende haben müssen, um bestehen zu können. Trotz enormer Diversität der Situationen in den vertretenen Ländern wurde klar, dass diese Trends die Rolle der Beratenden europaweit beeinflussen, wenn auch länderspezifisch in unterschiedlicher Art und Intensität.

Die Ergebnisse des Workshops sind vielfältig - thematisch gesehen, aber auch in Form gestärkter Beziehungen und Diskussionen, die in den Gängen und (hoffentlich) der digitalen Welt nachhallen werden.

Aussichten und Ansichten

Wird sich die Beraterrolle ändern? Generell herrschte das Gefühl vor, dass es sicher eine größere Veränderung der Beraterrolle geben wird, verbunden mit neuen Aufgaben - vor allem getrieben von der Digitalisierung. Gleichzeitig vertraten einige Beraterkollegen die Meinung, dass sich die Rolle an sich nicht ändern wird - die Aufgabe ist und bleibt, Landwirten Unterstützung bei der Entscheidungsfindung zu geben und ihnen bei der Lösung von Problemen zu helfen. Ändern werden sich lediglich die Themen und die Form, wie die Beratung stattfinden wird - nämlich angepasst an die neuen technischen/ digitalen Möglichkeiten.

Sind Fachberaterinnen und Fachberater (zum Beispiel Pflanzenbauer, Tierspezialisten oder Betriebswirte) in Zukunft noch nötig? Die große Mehrheit der Teilnehmenden war sich einig, dass Expertise nach wie vor wichtig sein wird, dass man als Berater aktuell informiert sein und aktuelle Trends im Blick haben muss. Die Informationssuche und -vermittlung wird aber digital immer professioneller unterstützt werden, sodass die Mittlerrolle und die Prozessberatungsrolle wichtiger werden wird (information broker). Es wird also immer noch Fachberaterinnen und Fachberater geben, aber vermutlich eher in der Privatberatung. Für neutrale staatliche oder staatlich getragene Beratungskräfte gilt es, den Kontakt zu privaten Beratungskollegen und -kolleginnen zu halten und in der eigenen Fachdisziplin Vernetzungsmöglichkeiten zu nutzen oder auch selbst anzubieten.

Macht den Beratungskräften die Entwicklung Angst? Zum einen wurde Besorgnis geäußert, dass sich die Arbeitsbedingungen der Beratenden durch Privatisierung, Mittelkürzungen, schwindende Neutralität und Entgrenzung sowie Flexibilisierung (Stichwort konstante Verfügbarkeit) verschlechtern werden. Zum anderen gab es auch sehr große Zuversicht, weil Veränderungen immer mit Chancen verbunden sind und Veränderung das Hauptbusiness der Beratung ist. Wer damit nicht umgehen kann, sollte nicht als Beratungskraft tätig sein.

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Trend-Erforschung

Fünf Megatrends und einige durch die Teilnehmenden ergänzte Trends wurden in Kleingruppen diskutiert. So wurde zum Beispiel bei der Diversifizierung wie auch bei der Innovationsberatung festgehalten, dass diese Themen immer komplexe Fragestellungen mit sich bringen und eine professionelle Auseinandersetzung damit erfordern. Eine entsprechende Qualifizierung im Coaching und in der Prozessberatung liefert dafür die Grundlage.

Die Beratung kann im Rahmen einer klassischen Unternehmensberatung (Diversifizierung) erfolgen. Beim Thema Innovation können ergänzend verschiedene andere Rollen für Beratungskräfte notwendig werden, zum Beispiel Prozessbegleiter, Impuls- oder Ideengeber, Experte, Vernetzer und Kontakthersteller.

Die Digitalisierung bringt einen hohen Fortbildungsbedarf auf Beraterseite mit sich. Durch Vernetzung auf europäischer Ebene lassen sich hohe Programmierkosten einsparen, wenn gute Tools von anderen Beratungsdiensten übernommen werden können.

In der Untergruppe Privatisierung fanden sich einige Führungskräfte, die unter anderem zu dem Schluss kamen, dass – falls die Privatisierung noch weiter voranschreitet – der Staat mit den privaten Beratenden zusammenarbeiten sollte, um einen gemeinsamen Weg zu finden, nicht an den gesellschaftlichen Themen vorbei zu beraten.

Bei den gesellschaftlichen Themen Tierwohl und Umweltschutz/ Ressourcenschutz war die Quintessenz, dass Landwirtinnen und Landwirte das Heft selbst in die Hand nehmen müssen. Die Beraterrolle liegt darin, für die Balance zwischen den Interessen der Ökologie und Ökonomie zu sorgen und dabei vermittelnd, motivierend und unterstützend in der Kommunikation zu wirken.

Das Thema Nachfolge und Neueinsteiger wurde von den Teilnehmenden als Trend mit eingebracht und bearbeitet. Sowohl in der Landwirtschaft als auch bei den Beratungsdiensten ist die Nachwuchsarbeit ein wichtiges Thema. Gerade bei der Hofnachfolge ist die Unterstützung von Beraterseite wichtig, um einen guten Übergang des Hofes auf die nächste Generation zu ermöglichen.

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"Analoge" Tweets

Gegen Ende des Workshops wurden die Teilnehmenden angeregt, ihre abschließenden Erkenntnisse in Form von Kurzstatements auf Karten festzuhalten. Aufgrund dieser "analogen" Tweets stellten Thomas Mirsch und Barry Caslin am nächsten Tag im Plenum den gut 300 Konferenzteilnehmern und -teilnehmerinnen die Kernbotschaften vor. Wesentliche Schlussfolgerungen daraus:

  • Beratung ist als Prozessberatung zu verstehen.
  • Diversifizierung ist Innovation und Entwicklungsbegleitung zugleich.
  • Beratung und Bildung ist als Paket wahrzunehmen, um Perspektiven zu öffnen.
  • Neben zunehmender Nutzung der digitalen Beratung primär in der Fachberatung braucht es auch analoge Beratung insbesondere in der Prozessberatung.
  • Der Berater kann auch Innovationsberater sein.
  • Vernetzung auf allen Ebenen wird immer wichtiger.
  • Der Erfahrungsaustausch muss gefördert und Prozesse begleitet werden.

Die angeregten Diskussionen verstummten nicht mit dem Ende des Workshops. So zeigte sich ein weiteres Mal, dass interaktive Workshop-Formate nachhaltige Spuren in einer Konferenz-Gesellschaft hinterlassen - in Form von gemeinsamen Themen, vertieften Beziehungen und geteilten Erkenntnissen. Und - der eine oder andere "analoge" Tweet hat es vielleicht auch ins Digitale und somit in die weite Welt geschafft.

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