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Im Rahmen eines Pilotprojekts führten die Weiterbildungsinstitute AGRIDEA und ENTRA in Zusammenarbeit mit der IALB (Internationale Akademie für ländliche Beratung) den ersten europäischen Zertifikatslehrgang "Management in ländlichen Beratungsorganisationen (MIB)" durch. 17 Führungskräfte landwirtschaftlicher Beratungsorganisationen aus Österreich, Schweiz, Deutschland und Italien (Südtirol) tauschten sich in vier Weiterbildungsmodulen zu Führungs- und Managementfragen aus und profitierten von Experteninputs und Praxisberichten. Gleichzeitig nutzten die Teilnehmenden die Ausbildung, um an echten Veränderungsvorhaben ihrer Organisationen zu arbeiten und unterstützten sich – im Rahmen von ausbildungsbegleitenden Peergroups.

Veränderungsdruck

Land- und Lebensmittelwirtschaft stehen unter starkem Veränderungsdruck und damit notwendigerweise auch die Beratungsorganisationen. Zu den größten Herausforderungen zählen:

  • wachsende Erwartungen seitens Kunden, Politik und Gesellschaft bei sinkenden Betriebszahlen und knappen Budgets erfüllen,
  • innovativ sein und gleichzeitig die Effizienz steigern,
  • das Ausscheiden der Babyboomer verkraften und die veränderten Ansprüche der Nachwuchskräfte im Auge haben,
  • Antworten auf die strategischen Herausforderungen finden und die notwendigen Change-Prozesse einleiten und umsetzen.

Während für die Weiterbildung der Beraterinnen und Berater ein breites Angebot an betrieblichen und überbetrieblichen Weiterbildungen besteht, stehen Führungskräfte in Beratungsorganisationen mit diesen Herausforderungen zunächst ziemlich allein da. Die gute Nachricht: Diese Herausforderungen sind für alle Organisationen ähnlich. Sofern also ein professioneller und geschützter Rahmen geschaffen wird – so die "Arbeitshypothese" hinter der Weiterbildung MiB – können Management und Führungsverantwortliche von Beratungsorganisationen in hohem Maße von- und miteinander lernen.

Schwerpunkte

In vier dreitägigen Modulen wurden ausgewählte Konzepte und Werkzeuge in der Führung und im Management erprobt und vertieft. Dabei wurden unter anderem folgende Schwerpunkte gesetzt:

  • Den menschlichen Teil verstehen und einbeziehen: Schwierige Veränderungsprozesse haben neben der sachlichen immer auch eine psychosoziale Ebene. Das Transition-Modell von William Bridges, das unter anderem im Rahmen der Fortbildung eingeführt wurde, lieferte hier wertvolle Erkenntnisse. Ein zentraler Aspekt ist, dass "Loslassen und Abschied vom Bisherigen" Voraussetzungen für den Neubeginn sind. Emotionale Reaktionen wie Verdrängen, Ärger, Frustration sind typisch für diese Anfangsphase. Führungskräfte und Beratende können den Weg durch diese Phasen durch Verständnis der Zusammenhänge und geeignete Interventionen gezielt unterstützen.
  • Das Leistungsangebot systematisch managen und weiterentwickeln: Beratungsorganisationen passen sich notwendigerweise an die Entwicklung der Betriebe und ihres Umfelds dynamisch an. Das Leistungsportfolio-Management zielt darauf ab, diese Anpassung systematisch und transparent vorzunehmen. Einmal erstellt ermöglicht ein Leistungsportfolio einen guten Abgleich zwischen den tatsächlichen Leistungen der Organisation und den angestrebten strategischen Zielen und liefert auch Grundlagen für eine sinnvolle Leistungserfassung. Im Rahmen des Kurses lernten die Teilnehmenden die Grundzüge dieses Instruments und seinen Nutzen kennen und erhielten eine konkrete Anleitung zur Anwendung des Tools.
  • Qualität und Effizienz der Beratung aktiv steuern: Gerade in Beratungsorganisationen, ist die richtige Balance zwischen Individualität und Einheitlichkeit (zum Beispiel von Prozessen, Tools und Standards) entscheidend für Effizienz, Qualität und auch Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden. Anhand eines Praxisberichts lernten die Teilnehmenden die praktische Umsetzung eines Qualitätsmanagement-Systems nach DIN ISO 9001 kennen, beleuchteten die Möglichkeiten und Grenzen und tauschten Erfahrungen in den jeweiligen Organisationen aus.
  • Beratungsorganisation der Zukunft: Ein veränderliches Umfeld und neue Ansprüche der Kunden wie auch der Mitarbeitenden fordern traditionelle Organisationsstrukturen heraus. Organisationen müssen schnell und flexibel und trotzdem abgestimmt agieren und reagieren. Es müssen mehr und in der Regel schnellere Entscheidungen getroffen werden. Am Beispiel des Organisationsmodells Soziokratie sowie dem Entscheidungsverfahren "Konsent" konnten die Teilnehmenden Prinzipien neuer Organisationsmodelle kennenlernen und ausgewählte Tools praxisnah erleben.

Evaluierung

Die Pilotreihe wurde intensiv evaluiert. Die Rückmeldung der Teilnehmenden war sowohl zu den Kursinhalten wie auch zur Gestaltung sehr positiv. Der offene internationale Austausch wie auch die Netzwerkbildung unter dem Motto: "gemeinsam statt einsam" wurden darüber hinaus als sehr nutzbringend erlebt. Das spiegelt auch die Rückmeldung eines Teilnehmenden wider, der sich der Einsamkeit der Führungsrolle stärker bewusst wurde: "Im Kurs konnte ich mich offen, selbstkritisch und äußerst konstruktiv mit Kolleginnen und Kollegen austauschen und meine Veränderungsvorhaben prüfen. Mir bleibt ein für mich unbezahlbares Netzwerk."


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Nähere Informationen und Anmeldung zum neuen Kurs (ab März 2023) über AGRIDEA.