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THEMEN IN DIESEM BEITRAG

Im Auftrag des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) starteten im Januar 2021 zwei Projekte an der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL). Beide Projekte – "AnLaKliWa" (Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel in Bildung und Beratung) und "DiKliWa" (Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel in Bildung und Beratung - digital) – sind eng miteinander verknüpft und verfolgen das übergeordnete Ziel, das Bewusstsein für die Bedeutung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel bei Landwirtinnen und Landwirten, Beratungskräften und an Fachschulen in Baden-Württemberg zu steigern. Anhand von Lehr- und Weiterbildungsmaßnahmen (fachliche Fortbildungen, Farminare, Schulungsvideos) sowie dem Erfahrungsaustausch und der Vernetzung zwischen landwirtschaftlichen Akteuren (Workshops) soll der Wissenstransfer gestärkt werden. Von beiden Projekten kann die heimische Landwirtschaft nachhaltig profitieren und gegenüber dem Klimawandel und dessen Folgen resilienter werden.

Im Rahmen des Projektes "DiKliWa" werden derzeit sogenannte Farminare durchgeführt. Ziel der Veranstaltungen ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie landwirtschaftliche Betriebe Anpassungsmaßnahmen in ihren betrieblichen Ablauf integrieren können. Die LEL beschreitet mit dem Format neue Wege im digitalen Raum und nutzt diese Veranstaltungsform als weitere Option zur Informationsvermittlung und Kommunikation. Trotz räumlicher Distanz soll Praxisnähe und der Austausch mit den referierenden Personen garantiert werden.

Beim ersten Farminar ging es um das Thema "Maßnahmen gegen Spätfröste im Weinbau". Das zweite Farminar beschäftigte sich mit dem Thema "Steigender Unkrautdruck durch Klimaextreme – was tun?". Nach zwei durchgeführten Veranstaltungen und ausgewerteten Rückmeldungen der Teilnehmenden werden im Folgenden erste Ergebnisse zusammengefasst und Vorteile wie Herausforderungen der neuen Veranstaltungsform dargestellt.

Organisation und Technik

Was ist ein Farminar? Ein Farminar (Zusammensetzung aus dem englischen Wort "farm" für "Bauernhof" und "Seminar") ist ein Web-Seminar, das direkt live vom landwirtschaftlichen Betrieb gestreamt wird. Die Teilnehmenden sind somit virtuell "direkt am Feld" dabei, während die Betriebsleitung sowie Expertinnen und Experten durch den Betrieb führen und praxisnahe Beispiele zeigen. Interaktive Methoden sorgen dafür, dass sich die Teilnehmenden aktiv in das Farminar einbringen und so die inhaltliche Ausrichtung der Veranstaltung mitgestalten können. Die Teilnehmenden können im Farminar Diskussionspunkte über Umfragen setzen und ihre Fragen jederzeit über den Live-Chat an die Moderation stellen. Im Moderationsstudio werden die eingehenden Fragen der Teilnehmenden aufgenommen, gebündelt und an die Referentinnen und Referenten weitergegeben.

 

Für die personelle Besetzung am Drehort sind mindestens zwei Personen notwendig. Eine Person im Kamerateam filmt das Geschehen vor Ort, eine weitere kann den Vortragenden Hinweise geben und bei der Ausleuchtung der Szenerie unterstützen. Im Studio führt die Moderatorin/der Moderator die Teilnehmenden und Referierenden durch das Farminar. Eine weitere Person im Studio beobachtet den Chat, sammelt eingehende Fragen der Teilnehmenden und gibt diese an die Moderation weiter. Insbesondere zu Beginn der Veranstaltung, während des Einwählens in die Konferenztechnik, ist es sinnvoll einen technischen Support für die Teilnehmenden anzubieten. Optional kann das Kamerateam vor Ort und/oder die Moderation durch eine weitere Person unterstützt werden. Der zeitliche Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung des ersten Farminars ist deutlich höher als bei Folgeveranstaltungen. Das technische Equipment und wichtige Dokumentvorlagen müssen nur einmal beschafft beziehungsweise erstellt werden. Nach erfolgreicher Referentensuche sollte bei einer gemeinsamen Besprechung das Drehbuch mit Ablauf und Inhalten klar definiert werden. Auch ist eine Ortsbegehung zwingend notwendig, um die Umgebung kennenzulernen und vor allem die Netzabdeckung vor Ort zu testen.

Die Veröffentlichung der Videoaufnahmen in Form des "Streamings" ist nur nach Einwilligung aller beteiligten Personen zulässig. Soll das Video aufgenommen und im Nachgang veröffentlicht oder weiterverarbeitet werden, ist auch hierbei die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) unbedingt zu beachten.

Damit ein sicheres "Streaming" garantiert werden kann, sollte am Drehort die Netzabdeckung mindestens 4G (LTE) betragen. Mit Hilfe eines mobilen LTE Routers werden die Geräte auf dem Feld direkt mit dem Internet verbunden. Der "Stream" wird über ein Handy vor Ort, welches in ein Online-Konferenzsystem wie Webex oder Zoom eingewählt ist, übertragen. Auf einem sogenannten "Gimbal" kann das Handy befestigt werden. Dieses gleicht schwungvolle Bewegungen aus, wodurch das Bild weitestgehend flüssig bleibt. Es empfiehlt sich außerdem ein externes Mikrofon mit Windschutz einzu-setzen, das die Umgebungsgeräusche abschirmt und somit für eine angenehme Tonqualität sorgt.

Erfahrungen

Um das Format validieren und gegebenenfalls Verbesserungen an der Technik und Durchführung vornehmen zu können, erhielten die Teilnehmenden nach beiden Farminaren einen Onlinefragebogen zur Evaluierung. Nach den ersten beiden Farminaren gaben über 90 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie das Veranstaltungsformat spannend finden und Praxisnähe trotz räumlicher Distanz geboten wird (s. Abbildung).

Monetäre und zeitliche Ersparnisse durch Vermeidung weiter Anfahrten ermöglichten es, große Teilnehmerzahlen für die Veranstaltungen zu gewinnen. So nahmen rund 250 landwirtschaftliche Akteure am ersten Farminar und knapp 60 landwirtschaftliche Akteure am zweiten Farminar teil. Die deutlich geringere Teilnehmerzahl beim zweiten Farminar konnte auf die arbeitsintensive Erntezeit Ende Juli zurückgeführt werden.

 

Sowohl der zeitliche Ablauf als auch die Technik funktionierten bei der ersten Veranstaltung einwandfrei. Beim zweiten Farminar mussten leichte technische Komplikationen überwunden werden. Für solche kleineren Störungen ist es hilfreich, einen "Plan B" wie zum Beispiel eine Informationsseite für die Teilnehmenden vorzubereiten. Eine Schlechtwetter-Alternative wurde ebenfalls eingeplant. Unter Umständen hätte bei der Durchführung spontan auf die Form "Web-Seminar" gewechselt und somit die Veranstaltung nach innen verlegt werden können.

Insgesamt erwies sich das Format "Farminar" als sehr gut, um eine breite Zielgruppe anzusprechen und das Vorgestellte zu visualisieren. Im Rahmen der zwei Veranstaltungen konnten verschiedene Zielgruppen wie Bedienstete der Landwirtschaftsverwaltung, Beratungs- und Lehrkräfte sowie Studierende und interessierte Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg gut erreicht werden. Auch ist unter den Teilnehmenden eine ausgeglichene Altersstruktur festgestellt worden.

Beide Farminare sind über den YouTube-Kanal "LEL: Klima & Landwirtschaft" abrufbar. Kurzvideos, die für Schulungszwecke genutzt werden können, sind ebenso dort eingestellt.

Am 12. November veranstaltet die LEL von 10.30 bis 12 Uhr ein weiteres Farminar zum Thema "Steigender Hitzestress beim Rind – was tun?" (https://lel.landwirtschaft-bw.de/farminar-klimawandel).

Weiterführende Informationen und Neuigkeiten zum Projekt "DiKliWa" und zum Partnerprojekt "AnLaKliWa" unter www.klimawandel.landwirtschaft-bw.de