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Akteurinnen und Akteure des Lernort Bauernhofs treffen sich einmal im Jahr auf der Bundestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof.
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Mehr als 240 Teilnehmende aus 15 Bundesländern und dem Ausland kamen zur Bundestagung nach Stapelfeld bei Cloppenburg. Im Mittelpunkt standen praxistaugliche Informationen, Handlungsempfehlungen und Beispiele für die Arbeit auf dem Lernort Bauernhof.

"Wert und Wertschätzung haben sich entkoppelt", sagte Ralf Wolkenhauer, Ministerialdirigent im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, in seiner Eingangsrede. Dem Lernort Bauernhof komme eine besondere Rolle zu, um der "Ferne der Gesellschaft von der landwirtschaftlichen Praxis" etwas entgegenzusetzen. "Zu den Bildungsaufgaben der Schulen gehört auch die Begegnung mit der realen Welt. Der außerschulische Lernort ist dabei unüberbietbar", betonte Wolkenhauer. Der ganzheitliche Kontext des Lernortes Bauernhof biete den Mehrwert im Bildungsbereich.

Engagement und Selbstwirksamkeit

Dr. Marie Bludau, zuständige Referentin für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) im niedersächsischen Kultusministerium, machte "eine starke Veränderung im Bildungsdiskurs" aus. Sie forderte mehr "Räume für Engagement und Selbstwirksamkeit" im Schulalltag. Dem Lernort Bauernhof komme in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu: "Globale Herausforderungen werden plötzlich lokal." Deshalb seien Kooperationen für den Öffnungsprozess von Schulen unumgänglich.

Die vielfältigen Aktivitäten zum Lernen auf dem Bauernhof werden bundesweit unter dem Dach der Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof vernetzt. Für diese Arbeit erhielt die BAGLoB den Preis für "Ausgezeichnete Projekte und Beiträge der UN-Dekade Biologische Vielfalt". Hans-Joachim Meyer zum Felde, Vorsitzender der BAGLoB, betonte, dass die Lernorte eine bedeutende Arbeit im Sinne der Bildung für Nachhaltige Entwicklung leisten. Somit sei diese Auszeichnung eine Wertschätzung für alle Lernorte.

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Praxisbeispiele

Wie die Bildungsarbeit auf den landwirtschaftlichen Betrieben konkret aussieht, zeigten die Praxisbeispiele, die im Rahmen der dreitägigen Bundestagung vorgestellt wurden. Axel Unger und Claudia Eicke-Schäfer vom Internationalen Schulbauernhof Hardegsen bei Göttingen erklärten beispielsweise, wie sich "Grenzen und Zäune in den Köpfen" überwinden lassen. Der Dialog zwischen konventionell und ökologisch wirtschaftenden, zwischen klein- und großstrukturierten Betrieben sei auf Grundlage der Bildungsarbeit möglich. Ideologische Positionen spielten kaum noch eine Rolle, wenn man sich auf die Bildungsaufgabe fokussiere. Voraussetzung für jeden Lernort sei es sich zu öffnen.

Wie das in der praktischen Arbeit aussehen kann, erfuhren die Teilnehmenden zum Beispiel vor Ort auf dem Hof von Jürgen Herzog in Lohne. 11.400 Eier kommen dort jeden Tag auf die Sortiermaschine, 12.000 Hühner leben im Stall nebenan. Der Bauer erklärt, wie groß und schwer das Ei für die Vermarktung sein darf und wie es im Hühnerstall funktioniert: Hierarchien, Abläufe, Fütterung, Eiablage – und Schlachtung, wenn die Legekapazität unter 60 Prozent fällt. Jürgen Herzog sagt nicht, ob die eine oder andere Haltungsmethode besser ist. Er zeigt nur das, was er macht, sodass sich die Besucherinnen und Besucher ihre eigene Meinung bilden können.

Die Teilnehmenden der Bundestagung Lernort Bauernhof nahmen aus den Workshops, Exkursionen und Vorträgen praktische Impulse und starke Argumente für ihre Arbeit auf dem Lernort Bauernhof mit, der in Zeiten des Klimawandels ein bedeutender Teil eines gesellschaftlichen Transformationsprozesses sein kann. Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Jurist, Philosoph und Soziologe aus Leipzig, beschrieb in seinem Vortrag, wie sich das Bewusstsein des Menschen angesichts der globalen Herausforderungen verändern muss und verändern lässt. Die globalen UN-Ziele zur Nachhaltigkeit seien nicht rechtsverbindlich, er geht von den rechtlich verbrieften Zielen aus dem Pariser Klimaabkommen aus, besonders interessant hier Artikel 2 Abs. 1, in dem sich die Länder auf die Beschränkung der Erderwärmung einigen. Daraus müssen sich laut Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt radikale Maßnahmen ableiten: null fossile Brennstoffe und drastisch verringerter Fleischkonsum – und zwar sofort.

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Schule im Aufbruch

Zum Abschluss der Bundestagung Lernort Bauernhof wurden Visionen für eine neue Lernkultur entworfen. Margret Rasfeld gilt in Deutschland als Vorreiterin, wenn es darum geht, Schule anders zu denken. Sie war bis zu ihrer Pensionierung Schulleiterin der Evangelischen Schule Berlin Zentrum, ist Mitbegründerin der Initiative "Schule im Aufbruch", Buchautorin und aktive Bildungsinnovatorin. Ihre Vision ist eine wertschätzende Lernkultur, die zu Gemeinsinn und Verantwortung, Kreativität und Unternehmergeist inspiriert und befähigt.

Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) fordere "einen Paradigmenwechsel, eine transformative Bildung und innovative Lernformate", sagt Margret Rasfeld und fügt aus eigener Erfahrung hinzu: "Mit der Schul- und Universitätsausbildung, die wir heute haben, werden wir die Transformation nicht schaffen." Sie identifiziert den Lernort Bauernhof als den Lernort, der den Anforderungen der UNESCO aus dem Aktionsprogramm Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) entspricht. Rasfeld wörtlich: "Naturerfahrungen kann man nicht aus Büchern lernen. Und wer keine Beziehung zur Natur aufbaut, wird sie nicht schützen."

Ihre aktuelle Mission ist der "Frei-Day für den Lebensbereich Zukunft". Mit dieser Initiative steht sie bereits in intensiven Gesprächen mit dem niedersächsischen Kultusministerium. Schulen sollen die Möglichkeit erhalten, Schülerinnen und Schülern einmal in der Woche an einem freien Schultagvormittag Raum zu geben, sich mit Zukunftsthemen zu befassen. "Am besten raus zum Lernort Bauernhof", fügt die Pädagogin hinzu. Schließlich stelle der Lernort Bauernhof den idealen Lernort für einen transformativen Prozess dar.

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