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EU, Bund und Länder fördern Projekte zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel.
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Für Anpassungsstrategien an den Klimawandel stellen der Staat und die Europäische Union (EU) mittlerweile ein weites Spektrum an Finanzierungsinstrumenten zur Verfügung. Welche Maßnahmen werden durch diese Instrumente aktuell gefördert und umgesetzt, von welchen Klimaschutzprojekten und Initiativen versprechen sich Träger und Akteure besonders viel Lösungspotenzial?

Förderprogramme

Ein Schwerpunkt der Förderung des Bundes liegt in den Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen über die Gemeinschaftsaufgabe für den Agrar- und Küstenschutz (GAK). Die Umsetzung erfolgt durch die Länder. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt darüber hinaus weitere Maßnahmen, deren Umsetzung allerdings auch durch die Länder oder dritte Trägerorganisationen vorgenommen wird. Britta Frischemeyer, Sprecherin des Ministeriums, erklärt: "Im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung wird das Ministerium zusätzliche Mittel für zehn ausgewählte Klimamaßnahmen in der Landwirtschaft zunächst für 2020 bis 2023 bereitstellen. Die Förderung wird überwiegend ab 2021 zur Verfügung stehen."

Ausgewählte Beispiele für bereits in der Umsetzung befindliche klimarelevante Programme mit Bundes- beziehungsweise Landesförderung sind:

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Bioenergiedorf

Ein Leuchtturmprojekt im Rahmen der Deutschen Vernetzungsstelle Ländliche Räume sind die Bioenergiedörfer. In einem Bioenergiedorf soll der überwiegende Anteil der Wärme- und Stromversorgung auf Basis von Biomasse erfolgen. Ein Bioenergiedorf deckt seinen Energiebedarf (Strom und Wärme) mindestens zu 50 Prozent aus regional erzeugter Bioenergie. Die Bürger werden in die Entscheidungsprozesse eingebunden und tragen den Gedanken des Bioenergiedorfs aktiv mit. Die Bioenergieanlagen sind mindestens teilweise Eigentum der Wärmekunden oder der Landwirte vor Ort und die nachhaltig bereitgestellte Biomasse stammt aus der unmittelbaren Umgebung.

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Waldklimafond

Zu den über 100 Projekten, die vom Bund im Rahmen des Waldklimafonds finanziert werden, gehört das Modellprojekt "Schaffung außerschulischer Lernorte im Cluster Forst und Holz zur Vermittlung der Klimaschutzleistung bewirtschafteter Wälder an zukünftige Generationen." Der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) spricht mit diesem Projekt vorrangig Waldbesitzer sowie Entscheider aus der Forstverwaltung und holzverarbeitenden Industrie an. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) koordiniert dabei die Qualifizierung des Personals und die Schaffung von Unterrichtsmaterial an Orten der Forst- und Holzwirtschaft. Den Teilnehmern der Schulungen werden bisherige Prozesse in der Forst- und Holzwirtschaft vor dem Hintergrund ihrer Bedeutung für den Klimaschutz erklärt und klimafreundlichere Alternativen aufgezeigt.

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Klimabauern

Ein weiterer wichtiger bundesweiter Baustein ist die "Nationale Klimaschutz-Initiative" (NKI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Zu den Projekten dieser Initiative zählt "KlimaBauern – Landwirtschaft macht Klimaschutz". Unter dem Schirm von NKI organisieren sich Landwirtinnen und Landwirte bereits seit zehn Jahren in regionalen Partnerschaften. So hat beispielsweise der Bauernverband Nordostniedersachsen, der sich 2019 der NKI-Initiative angeschlossen hat, Anfang 2020 bereits das erste Seminar zum Thema "Kohlenstoffspeicherung als Geschäftsmodell" organisiert und durchgeführt.

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Praxisbeispiele

Zuständig für die Umsetzung der von Bund und EU aufgelegten Programme sind in der Regel die Bundesländer. Am Beispiel von Baden-Württemberg sollen drei der großen Förderbereiche dargestellt werden, deren Förderkulisse das gesamte Bundesgebiet umfasst: die Projekte im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft "Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit" (EIP-AGRI) sowie des Programmes "LIFE AgriAdapt" (s. B&B Agrar 2-2020, Beitrag S. 10ff) für Landwirtschaft und Gartenbau einerseits sowie die durch den Waldklimafonds geförderten Projekte für die Forstwirtschaft andererseits.

Im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft "Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit" (EIP-AGRI) soll ein Brückenschlag zwischen Praxis und Forschung erreicht werden. Ein besonders für den Neckarraum wichtiges Projekt ist "Starke Weine aus steilen Lagen – den Klimawandel als Chance für den Weinbau in Terrassenlagen nutzen". Das Projekt will in der Großregion Lauffen eine Neuausrichtung des Steillagenweinbaus in Württemberg erreichen. Für eine innovative Strategie zur Anpassung an den Klimawandel werden dabei in den Terrassenlagen des Neckars durch Neupflanzung hochwertige Rebsorten auf ihre klimatische Eignung untersucht. Gleichzeitig wird versucht, das Anforderungsprofil des neuen Weintyps zur Absicherung des Vermarktungspotenzials im gehobenen Preissegment durch Konsumententests und unter Einbeziehung von Absatzmittlern sicherzustellen.

Ähnliche Ziele verfolgt das Programm LIFE AgriAdapt. Für die Umsetzung der Maßnahmen in Deutschland ist die Bodensee-Stiftung zuständig, die auch zwei weitere Klimaschutz-Programme, LIFE Clean Air Farming sowie AgroCO2ncept koordiniert.

Mit dem Waldklimafonds sollen die positiven Effekte für die Erschließung des CO2-Minderungs- und Energiepotenzials von Wald und Holz verstärkt werden. Ein wichtiges Projekt dazu in Baden-Württemberg ist "Veränderte Überlebenszeit von Waldbeständen: Ökonomische Folgen des Klimawandels für die Forstwirtschaft. Managementoptionen zur Optimierung des Risiko-Ertragsverhältnisses unter geändertem Klima". Es liefert erstmals eine allgemeingültige und damit generalisierbare Quantifizierung und ökonomische Bewertung der durch den bisherigen Klimawandel geänderten Mortalitätsrisiken von Bäumen und ihres geänderten Wachstums bei steigenden Temperaturen und geringeren Niederschlägen. Die gewonnenen Daten werden den Waldbesitzern und Forstverwaltungen zur Verfügung gestellt, um ihre Betriebspraxis daran auszurichten.

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Länderprogramme

Neben den bundesweiten staatlichen Initiativen haben die Länder ihre eigenen Programme beziehungsweise setzen europäische Programme in eigener Verantwortung um. Aus der Vielzahl dieser Initiativen seien folgende Leuchtturmprojekte und Schwerpunktmaßnahmen folgender Bundesländer genannt:

Bayern: Bereits zum zweiten Mal verleiht das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) 2020 den Bayerischen Klimapreis für besonders innovative Klimaschutzprojekte in grünen Betrieben, dabei bildet jede grüne Branche (Weinbau, Landwirtschaft, Gartenbau) eine eigene Kategorie. Einer der Preisträger beim letzten Mal war das Vinaqua-Projekt im oberfränkischen Kitzungen. Das prämierte Weingut wirtschaftet klima- und umweltfreundlich, indem es unter anderem seine Weinberge bewässert, ohne Grundwasser zu entnehmen.

Brandenburg: Von 170.000 Hektar Moorböden werden 110.000 Hektar als Grünland bewirtschaftet. Dieses Moorgrünland ist fast ausschließlich tiefenentwässert, wodurch große Mengen klimaschädlicher Gase freigesetzt werden. Zum Erhalt dieser Moorböden wurde 2016 erstmals die Agrar-, Umwelt- und Klimaschutzmaßnahme (AUKM) "Moorschonende Stauhaltung" eingeführt, um durch ganzjährig hohe Wasserstände die klimaschädliche Wirkung vormals entwässerter Moor- und Anmoorböden zu verringern.

Mecklenburg-Vorpommern: Wie kaum ein anderes Bundesland hat Mecklenburg-Vorpommern auf den Ausbau des ökologischen Landbaus gesetzt. Das gesteckte Ziel, im Jahr 2021 einen Umfang von 150.000 Hektar ökologisch bewirtschaftete Fläche zu erreichen, wurde bereits Mitte 2018 umgesetzt. Mitte 2019 wurden 169.782 Hektar ökologisch bewirtschaftet. Der ökologische Landbau ist seit 1998 um circa 85.900 Hektar gewachsen.

Niedersachsen: Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen stellt interessierten Betrieben einzelbetriebliche Klimabilanzen für die Tierhaltung, den Pflanzenbau und die Biogaserzeugung aus. Die Klimabilanz wird direkt vor Ort auf dem Betrieb gemeinsam mit dem Landwirt erstellt. Die Gegenüberstellung der Klimabilanz des Ist-Betriebes mit der Vergleichsgruppe zeigt sofort, wo der eigene Betrieb steht. Durch den Vergleich werden Ansatzpunkte für mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Klimabilanz vorgeschlagen.

Nordrhein-Westfalen: Zu den zahlreichen Programmen zählt "Erosionsminderung in der Landwirtschaft" (EMiL). Der Hintergrund: Bei veränderter Niederschlagsverteilung zeichnet sich ein stärkerer Bewässerungsbedarf ab. In diesem Zusammenhang wirkt die Landwirtschaftskammer NRW zum einen darauf hin, dass bei Genehmigung zur Wasserentnahme der potenzielle regionale Bedarf für die grünen Branchen in der Bedarfsrechnung berücksichtigt wird. Zum anderen werden Problemstandorte, die besonders unter klimabedingter Bodenerosion leiden, identifiziert und Lösungsmöglichkeiten durch entsprechende Bewirtschaftung aufgezeigt. 

Rheinland-Pfalz: Das Land fördert aktuell folgende Projekte: "Umsetzung eines überbetrieblich nutzbaren und ressourcenschonenden Wirtschaftsdüngermanagementsystems", "Digital gestützte Energieüberwachungs-/-managementsysteme in landwirtschaftlichen Betrieben am Beispiel von Weingütern und Kellereien" sowie das Wissenstransferprojekt "Verminderung von Stoffeinträgen in Oberflächengewässer als Beitrag zum Erosionsschutz im Ackerbau."

Sachsen: Das zuständige Sächsisches Staatsministerium (LfULG) hat unter anderem zehn Arbeitskreise mit jeweils 20 Landwirten mit der Zielsetzung eingerichtet, landwirtschaftliche Stoffausträge zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu vermindern und dabei die bestehenden umfangreichen Synergieeffekte zum Boden-, Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel zu nutzen. Dabei wurde ein landesweites Experten-Netzwerk zum Wissens-/Erfahrungsaustausch aufgebaut. Mit den Arbeitskreisen wird den Landwirten die Möglichkeit gegeben, auf der Grundlage von Ergebnissen der angewandten Forschung wirksame Maßnahmen zur Stoffaustragsminderung und zur Klimafolgenanpassung in ihren Betrieben zu erproben und umzusetzen.

Schleswig-Holstein: Das Programm "Klimawandel und Baumsortimente der Zukunft – Stadtgrün 2025" will dem Gartenbau und den Baumschulen in der Region Zukunftsoptionen aufzeigen. Dazu werden klimawandeltolerante, zukunftsfähige Baumarten in städtischen Realstandorten auf Praxistauglichkeit getestet. Das EIP-Projekt will repräsentative Ergebnisse für ganz Norddeutschland erarbeiten und in Zusammenarbeit repräsentative Informationen bereitstellen.

Thüringen: Die Landesprogramme widmen sich in erster Linie dem Umbau der Wälder hin zu "Klimawäldern". Im Fokus steht insbesondere das Modellprojekt "Waldumbau in den mittleren, Hoch- und Kammlagen des Thüringer Waldes", das noch bis Ende 2022 neben den Landesforstbetrieben auch private Waldbesitzer anspricht. Das durch das Programm geförderte Projektgebiet umfasst 8.000 Hektar Waldfläche. 

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Fazit

Die Auswirkungen des Klimawandels bekommen die verschiedenen Regionen Deutschlands unterschiedlich zu spüren. Die Folgen sind im Einzelnen abhängig von den individuellen klimatischen und naturräumlichen Rahmenbedingungen, die neben den wirtschaftlichen und politischen Faktoren bei der Auswahl von Förderprojekten eine große Rolle spielen müssen. Allein innerhalb einer einzigen Großregion können bereits große Disparitäten auftreten. Beispiel Eifel: Die kühleren und ohnehin schon sturmgefährdeten Hochplateaus der Vulkaneifel werden auch in Zukunft vor andere Herausforderungen gestellt als die Nachbarregionen am Nord- und Ostrand des Mittelgebirges, mit ihren deutlich höheren Durchschnittstemperaturen. 

Förderprogramme müssen daher standortspezifisch konzipiert werden, damit eine Anpassung im Rahmen des Klimaschutzes/ der Klimaanpassung Sinn macht. Dazu müssen im Vorfeld alle wesentlichen Daten vorliegen, auf deren Grundlage erfolgsversprechende Lösungswege für grundsätzliche Veränderungen und regionalisierte Aspekte des Klimawandels gefunden werden können.

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