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Zur Anpassung der landwirtschaftlichen Produktionssysteme an den Klimawandel liefern diverse Forschungsprojekte der Bundesbehörden und Universitäten neue Erkenntnisse.
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Der Klimawandel kommt nicht, er ist längst da. Die Veränderungen sind bereits zu sehen, auch hier in Mitteleuropa. Temperaturrekorde, Dürrejahre, Starkregenereignisse, Stürme – und in der Folge Schäden, Ernteausfälle, Verluste, steigende Kosten und immer wieder Akuthilfen für landwirtschaftliche Betriebe, damit es weitergehen kann.

Zum Teil stellen die sich immer mehr verändernden klimatischen Bedingungen die bisherigen Anbauverfahren und -methoden infrage. Braucht man nur besser angepasste Sorten oder werden sich ganze Managementsysteme, Fruchtfolgen und Feldfrüchte ändern müssen? Wenn ja, wie lässt sich damit umgehen? Ist Landwirtschaft, wie sie seit Generationen betrieben wird, langfristig möglich oder gibt es eines Tages "eine Finka in Grimma mit Olivenhain", wie es Komiker und Liedermacher Rainald Grebe besingt.

Neben der Frage, wie der Klimawandel sich auf die Landwirtschaft auswirkt, steht auch im Fokus der Diskussion, inwieweit die Landwirtschaft Teil des Problems ist. Dabei kann sie auch Teil der Lösung sein. Welche Ideen braucht es, um nachhaltiger zu wirtschaften und zum Beispiel Stickstoff und CO2 im Boden zu binden? Auch das ist Gegenstand von Forschungsarbeiten.

Humusaufbau fördern

Die Speicherung von Kohlenstoff geschieht über die gezielte Unterstützung des Humusaufbaus. Humus wird gebildet, indem organischer Kohlenstoff in Form von abgestorbenen Pflanzenresten, von Tieren und Mikroorganismen in den Boden eingearbeitet und dort umgewandelt werden. Dadurch verbessern sich Bodenfruchtbarkeit und Wasserspeicherfähigkeit. Humusaufbau hat also auch positive Wirkungen für die Klimaanpassung.

Krumensenke: Im Humusanteil des Bodens sind unter anderem CO2 und Stickstoff gebunden. Wie viel der Boden davon halten kann, hängt davon ab, welche biochemischen und biologischen Prozesse ablaufen können. Humusakkumulation ist ein natürlicher Prozess. Boden unterhalb des Pflughorizonts kann mehr aufnehmen als bereits gesättigtes Material aus den oberen Schichten. Im Projekt "Krumensenke" untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), inwieweit eine teilweise Durchmischung der oberen Bodenschichten mit dem darunterliegenden Material CO2 binden kann.

Das Verfahren dafür ist nicht neu. Mit der meliorativen partiellen Krumenvertiefung experimentierte man bereits in den 60er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts. Bei einem Drehpflug für das Meliorationspflügen, der nur alle sieben bis acht Jahre eingesetzt wurde, ist ein Teil der Pflugscharren tiefer, sodass sie etwas Boden aus bis zu 50 Zentimeter Tiefe nach oben in den Pflughorizont heraufholen. Es entstehen Streifen beziehungsweise Schächte mit durchmischtem Boden neben "normal" gepflügten Streifen. Bis heute zeigen sich im Bodenprofil der Flächen, die früher einmal so bearbeitet wurden, die Spuren von damals. Das hilft den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, auch die Langzeiteffekte dieser Technik zu betrachten.

Maximal 25 Prozent vom Unterboden werden beim Meliorationspflügen, in den Pflughorizont heraufgeholt. "Der Landwirt kann sonst alles machen, wie vorher", erläutert Prof. Michael Sommer. Ziel bei den Versuchen der Arbeitsgruppe am ZALF ist, auf den Versuchsflächen die Kohlen- und Stickstoffspeicherung, das sogenannte Sequestrierungspotenzial, zu ermitteln. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler testen zusätzlich den Effekt einer Düngung mit Gärresten. Zur ökonomischen und ökologischen Bewertung gehören außerdem Aspekte wie die Entwicklung von Pflanzenwurzeln und Bodenlebewesen nach dem Meliorationspflügen. Denn unter anderem lockert dieses Verfahren bestehende Verdichtungszonen im Boden auf.

Webseiten zum Projekt: http://www.zalf.de/de/aktuelles/Seiten/PB1/Krumensenke.aspx,
https://www.thuenen.de/index.php?id=9129&L=0

Humuszertifikate: Was bringt es, Humusaufbau finanziell zu belohnen? Ein Forschungsteam des BonaRes-Zentrums für Bodenforschung, des ZALF, des Thünen-Institutes, des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Forschungsinstitutes für biologischen Landbau (FiBL) sowie der Technischen Universität München (TUM) hat im März 2020 Studienergebnisse dazu veröffentlicht, ob sich CO2-Zertifikate als Förderinstrument für die Festlegung atmosphärischen Kohlenstoffs in Böden eignen. Sie betrachteten die Möglichkeiten des humusfördernden Ackerbaus, die Messmethoden und bestehende Zertifikate für die CO2-Bindung im Boden. Diese Zertifikate sind privatwirtschaftlich organisiert und unabhängig vom staatlichen Emissionshandel.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass solche Zertifikate nur bedingt geeignet sind. Was dagegen spricht ist, dass die Kohlenstofffixierung reversibel ist und sich aus den Maßnahmen zur CO2-Bindung an anderer Stelle Emissionen ergeben können, ein sogenannter Verschiebeeffekt. Der tatsächliche Nutzen eines solchen Zertifikats ist also schwer nachweisbar.

Die Studie ist frei zugänglich auf https://tools.bonares.de/doi/doc/26/.

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Neue Anbaustrategien

Mit OptAKlim fördert das BMEL ein Projekt zur Weiterentwicklung von Anbaustrategien. Umgesetzt wird es vom ZALF, dem Julius-Kühn-Institut (JKI), der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem PIK (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Klimawirkung und Vulnerabilität). 

Für landwirtschaftliche Betriebe bedeutet der Klimawandel große Unsicherheiten. Wie mit den zu erwartenden Veränderungen in der Praxis umzugehen ist, ist Gegenstand der Forschung, wird aber in Zukunft auch immer mehr Gegenstand der Beratung sein. In OptAKlim soll ein Informationsportal und Online-Beratungstool entstehen, das Wissen vermittelt und Orientierungshilfe bietet.

Der Fokus des OptAKlim-Projektes liegt dabei auf Landschaftsebene. Es geht um Austauschbeziehungen mit Umweltzielen – Produktionsverfahren in den Modellregionen, die Maßnahmen zur Klimaanpassung beinhalten. Welche Optimierungsmöglichkeiten gibt es, wie steht es um die Machbarkeit beispielsweise im Pflanzenbau? Welches Schaderregeraufkommen ist zu erwarten? In drei Beispielregionen soll mit Praktikern die Umsetzbarkeit erprobt werden.

Webseiten zum Projekt: https://optaklim.julius-kuehn.de/;
http://www.zalf.de/de/forschung_lehre/projekte/Seiten/details.aspx?iddp=2079

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Torfersatz

Moore sind effektive CO2-Senken, wenn der Torf im Moor und das Moor feucht bleibt. Nur dann können Moore unbeeinträchtigt wachsen und CO2 einlagern. Abbau und Verarbeitung von Torf kehren den Prozess um. Während man früher Torf als billiges Brennmaterial gewann, war Torf in den vergangenen Jahrzehnten überwiegend ein beliebter und wichtiger Rohstoff in Erdmischungen für den Gartenbau. Ihn durch klimafreundlichere Substrate zu ersetzen, ist das gemeinsame Anliegen des Niedersächsischen Torfersatzforums. Aufbauend auf bisherigen Projekten und Bemühungen, Wege aus der Torfnutzung zu finden, ist das Modell und Demonstrationsvorhaben "Torfersatz im Zierpflanzenbau" (TerZ) gestartet.

Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen koordiniert das Projekt und betreut mit fünf weiteren Forschungseinrichtungen die Demonstrationsbetriebe in den jeweiligen Regionen. Die beteiligten Einrichtungen sind die Lehr- und Versuchsanstalten Gartenbau in Hannover-Ahlem und Heidelberg, das Versuchszentrum Gartenbau Straelen/Köln-Auweiler, die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Dresden-Pillnitz und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf.

Die Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler und Beraterinnen/Berater begleiten 25 Demonstrationsbetriebe durch die möglichst dauerhafte Umstellung auf torfreduzierte Substrate. Die Praxiserfahrung unter wissenschaftlicher Begleitung soll dann helfen, generell torfreduzierte Substrate im Gartenbau zu etablieren. Das Modell- und Demonstrationsvorhaben läuft bis Ende 2023.

Informationen unter: https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Pflanzenbau/Gartenbau/_Texte/tagung-torfminderung.html; s. auch: BZL (Hrsg.) (2020): Torf und alternative Substratausgangsstoffe, Bonn (Bezugsquelle: https://www.ble-medienservice.de/0129/torf-und-alternative-substratausgangsstoffe)

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Körnerleguminosen

Welchen Einfluss hat das Klima auf die Ertragsstabilität von Erbsen, Ackerbohnen und Sojabohnen? Daraufhin untersucht eine Arbeitsgruppe des ZALF noch bis Ende August 2021 vorhandene Daten aus sechs Langzeitversuchen aus Europa. Statistischen Methoden und Simulationsmodelle sollen Aufschluss geben, wie sich die Ertragsstabilität entwickelt und entwickeln könnte.

Gerade Körnerleguminosen sind als Eiweißlieferanten in der menschlichen Ernährung, aber auch für die Futterwirtschaft wichtig. Sie können in einer Fruchtfolge auf landwirtschaftlichen Nutzflächen für Boden und Biodiversität nützlich sein. Allerdings schwankt bei den Schmetterlingsblütlern der Ertrag deutlich mehr als bei anderen Feldfrüchten. Anpassung der Anbausysteme oder züchterische Verbesserungen könnten Abhilfe schaffen, wenn die Ertragsschwankungen besser verstanden sind. Dazu untersucht das Projektteam zunächst, ob die Ertragsstabilität in den vergangenen 60 Jahren gesunken ist und ob sich ein Zusammenhang zur Klimavariabilität zeigt. Ist es das Wetter oder das Klima generell, das die Pflanzen beeinflusst?

Ein weiteres Projekt zu Leguminosen, das am ZALF und bei den europäischen Projektpartnern noch bis Oktober 2021 läuft ist: Wissenstransfer für Leguminosen basierte Landwirtschaft für Futter- und Nahrungsmittelsysteme. Hier geht es darum, wie sich der Anbau in Europa ausweiten und die Bedeutung von Körnerleguminosen stärken lässt – durch Forschung, Beratung und Vernetzung.

Projektwebseite: https://www.legumestranslated.eu/

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Landnutzung weltweit

Wie machen es die anderen? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte ein Dutzend Projekte zu "Nachhaltigem Landmanagement" in verschiedenen Staaten weltweit. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) koordinierte zwischen 2009 und 2017 das Projekt GLUES (Global Assessment of Land Use Dynamics, Greenhouse Gas Emissions and Ecosystem Services). Wesentliche Ziele dieses wissenschaftlichen Koordinierungsvorhabens waren die Begleitung der internationalen Projekte und eine Synthese: Die Ergebnisse aus den eigenständigen Forschungsprojekten sollten auch als Ganzes betrachtet werden. Klimawandel wirkt sich nicht nur auf das Land aus, sondern es gibt auch Wechselwirkungen zwischen Klimaveränderungen und Landnutzung. Gesucht waren Anpassungsstrategien an den Klimawandel, die in den jeweiligen Regionen zum Beispiel für eine sichere Nahrungsgrundlage sorgen könnten.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse bietet eine dafür eingerichtete Webseite:  https://www.ufz.de/glues/de/

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CO2-Düngeeffekt

Mithilfe der Photosynthese fixieren Pflanzen den Kohlenstoff aus CO2, welches sie aus der Luft aufnehmen. Der Klimawandel bewirkt unter anderem, dass die Konzentration von CO2 in der Luft ansteigt. Modellrechnungen deuten darauf hin, dass der Anteil von CO2 zum Ende des Jahrhunderts mit bis zu 900 ppm (parts per million) mehr als doppelt so hoch wie heute sein könnte. Mehr Futter für die Pflanzen, könnte man meinen. Das ist aber nicht bei allen Arten und Sorten so.

Im Braunschweiger Free Air Carbon dioxide Enrichment Experiment - FACE simulieren Wissenschaftler des Thünen-Instituts steigende Temperaturen und höhere Konzentrationen von CO2. Ihre Versuchsaufbauten stehen mitten in Feldern im Freiland. Die Pflanzen bekommen hochdosiert CO2 in die Umgebung geblasen und die Flächen werden erwärmt. Die dort gezogenen Proben zeigen, wie Getreidearten und Zuckerrüben tatsächlich auf veränderte Bedingungen reagieren.

Die Versuche laufen weiter. Bisher zeigt sich, dass sogenannte C3-Pflanzen – C3 oder C4 beschreibt die Art, wie Kohlenstoff in der Pflanze gebunden wird – zwar höhere Erträge bringen, aber die Qualität geringer ist. C4-Pflanzen wie Mais zeigen unter den Bedingungen Anpassungen an Trockenzeiten, halten aber ihre Ertragsmenge. Zuckerrüben altern früher im Jahr. 

Erklärfilm zum FACE-Projekt: https://www.thuenen.de/de/thema/klima-und-luft/experimentelle-klimawirkungsforschung/wie-das-face-experiment-funktioniert/

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