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KLAR! steht für Klimawandel-Anpassungsmodellregionen und ist ein europaweit einzigartiges Programm.
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Der österreichische Klima- und Energiefonds hat das Förderprogramm im Herbst 2016 gemeinsam mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) aufgelegt. Seit Frühjahr 2018 sind österreichweit 20 Modellregionen mit insgesamt 176 Gemeinden am Start, die sich schwerpunktmäßig mit klimafitter Land- und Forstwirtschaft befassen.

Der vergangene Sommer hat der Land- und Forstwirtschaft vielerorts zugesetzt, auch in Österreich. Zudem gehen Wissenschaftler davon aus, dass der Alpenraum und damit auch Österreich von den Auswirkungen des Klimawandels stärker betroffen sein wird als der europäische Durchschnitt: Mit einem Temperaturanstieg von nahezu 2°Celsius seit 1880 wird die durchschnittliche globale Temperaturerwärmung um mehr als das Doppelte überschritten.

Veränderungen

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik prognostiziert, dass der Alpenraum wärmer und feuchter (im Nordwesten), trockener (im Südosten) und insgesamt schneeärmer werden wird. Dazu kommen schleichende Veränderungen, die auch schon heute zu beobachten sind, wie beispielsweise die Verbreitung von Neophyten oder der vorzeitige Vegetationsbeginn, der zum Beispiel Schäden durch Spätfröste verursacht – düstere Aussichten für ein Land wie Österreich, in dem Land- und Forstwirtschaft sowie der (Winter-)Tourismus eine wichtige Rolle spielen.

Die kleinräumige geografische und geologische Struktur Österreichs stellt die Regionen zudem vor ganz unterschiedliche Herausforderungen. Im Osten und Südosten werden zum Beispiel die Hitzetage zunehmen. In anderen Regionen wiederum können die höheren Temperaturen auch Vorteile bringen beziehungsweise neue Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel dank angenehm lauer Sommertage den Sommertourismus ankurbeln oder Wein- und Getreideanbau in höheren Lagen ermöglichen.

Auf diese klimatischen Veränderungen haben das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und der Klima- und Energiefonds mit dem Förderprogramm Klimawandel-Anpassungsmodellregionen (KLAR!) reagiert. 2017 gingen die ersten KLAR!-Regionen an den Start. Im ersten Schritt erarbeiteten diese auf Basis der Klimadaten ihrer Region ein Konzept zur Klimawandelanpassung und definierten daraus abgeleitet konkrete Maßnahmen, die in den nächsten Jahren gesetzt werden. Der Klima- und Energiefonds unterstützt jede KLAR!-Region mit bis zu 120.000 Euro. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch das österreichische Umweltbundesamt und die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. In jeder KLAR!-Region sind Klimawandel-Anpassungsmanager (KLAR!-Manager) eingesetzt, die als zentrale Ansprechperson und als „Motor“ fungieren, um die geplanten Vorhaben in die Umsetzung zu bringen.

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Sensibilisierung

So unterschiedlich die Regionen auch sind, gegen die Auswirkungen des Klimawandels wie Hitze, Temperaturanstieg, Trockenheit und Starkniederschläge haben alle Regionen – wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung – zu kämpfen. Im Weiteren sind Schädlingsbefall, Hochwassergefahr sowie Erosionen und Vermurungen Themen, mit denen sich die KLAR!-Regionen befassen werden. Ein Großteil der Regionen setzt dabei auf Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung der Bevölkerung. Die Palette reicht von klassischen Vorträgen und Broschüren bis zu Schulprojekten. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Maßnahmen, um die Land- und Forstwirtschaft klimafit zu machen, gefolgt von Unternehmungen, um sich gegen Katastrophen wie Starkniederschläge, Hochwasser oder Hitze zu rüsten. Im Folgenden wird eine der KLAR!-Regionen mit den dort umgesetzten Maßnahmen vorgestellt.

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Klimafitter Forst

Die KLAR!-Region im westlichsten Bundesland (Vorarlberg) widmet sich schwerpunktmäßig der Entwicklung einer klimafitten Forstwirtschaft. Die neun Gemeinden im vorderen Bregenzerwald, angrenzend an das deutsche Allgäu, sind geprägt von Landwirtschaft, Wald, Tourismus und (Holz-)Handwerk und daher von den bevorstehenden Veränderungen stark betroffen. Eine für Erosionsprozesse anfällige Geologie (Molasse- und Flyschböden), die hohen Jahresniederschläge (1.800 bis 2.500 Millimeter) und eine zunehmende Wahrscheinlichkeit für Starkniederschläge birgt zudem ein erhöhtes Risiko für Naturgefahren. Die Region ist ein beliebter Urlaubsort, auch in Sommermonaten. Der Wald ist für die Region daher Lebensversicherung gegen Naturgefahren, Rückgrat der Wirtschaft und wichtiger Erholungsraum und Tourismusfaktor.

Das Waldbild wird geprägt von besonders wertvollen und in Österreich selten vorkommenden Plenterwäldern, die als widerstandsfähiger gegenüber Klimawandelrisiken angesehen werden. Es sind sich stetig verjüngende Dauerwälder, in denen Bäume aller Dimensionen (nicht Altersklassen!) kleinstflächig bis einzelstammweise vermischt sind. Im Plenterbetrieb werden einzelne Bäume gefällt und so ein permanenter Hochwald geschaffen. Trotz des vermeintlich urwaldähnlichen Charakters ist der Plenterwald ein bewirtschafteter Forst. Dem gegenüber stehen in Tieflagen, auf wiederbewaldeten ehemalig land- beziehungsweise alpwirtschaftlich genutzten Flächen standortuntypische Fichtenwälder, die ein erhebliches Risiko darstellen. Zentrales Anliegen der Region ist es daher, die vorhandenen Plenterwälder zu erhalten und bestehende Fichtenbestände langfristig in strukturierte, stabilere Waldbestände zu überführen.

Auf Basis der vorhandenen Klimadaten und unter Einbeziehung der Beteiligten auf regionaler und landesweiter Ebene sowie der Bevölkerung wurde ein Maßnahmenpaket für die nächsten Jahre beschlossen, das im Folgenden auszugsweise vorgestellt wird (s. Infokasten).

Gemeinsam mit dem Landesforstdienst und der Universität für Bodenkultur Wien als Partner wird eine Plenterwaldfibel erarbeitet, um das Wissen für einen angepassten Waldbau, klimatolerante Baumarten und den Umbau von Fichtenwäldern zu Plenterwäldern zu erhöhen. Damit soll nicht nur der Bekanntheitsgrad der Plenterwälder an sich erhöht werden, sondern auch ihr Wert als forstliches Kulturgut und als Waldmodell der Zukunft über die Region hinausgetragen werden – untermauert mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Good-Practice-Beispielen.

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Maßnahmen in Umsetzung

  • Naturgefahrensteckbriefe, Partner: Landesforstdienst, Wildbach, Gemeinden
  • Klimafitte Einsatzorganisationen, Partner: Landesforstdienst, Landesfeuerwehrverband, Gemeinden
  • Plenterwaldfibel für Kleinwaldbesitzer, Partner: Universität für Bodenkultur, Landesforstdienst, Landwirtschaftskammer
  • Lernorte Zukunftswald, Partner: Landesforstdienst, Landwirtschaftskammer
  • Tourismusangebot Waldluft baden, Partner: Naturpark Nagelfluhkette, Bayerische Staatsforsten, Landwirtschaftskammer
  • Kinder-Klima-Kongress, Partner: Bundesoberstufen-Realgymnasium Egg, Naturpark Nagelfluhkette
  • Schattenbäume gegen Hitzekollaps, Partner: Gemeinden
  • Klimakampagne „would 2050“, Partner: Gemeinden, Vorarlberger Waldverein, Kulturforum Bregenzerwald
  • Zukunftswerkstatt Holzbau, Partner: Werkraum Bregenzerwald

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Lernorte

Darüber hinaus werden "Lernorte" für klimafitte Wälder in Form von Schauflächen konzipiert und für Schulungen, die in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer stattfinden werden, genutzt. Hier wird zum Beispiel über die Pflege von Jungbeständen, Durchforstung, Pflegemaßnahmen in Plenterwäldern oder Pflanzungen von Mischbaumarten informiert. Gemeinsam mit dem angrenzenden Naturpark werden innovative und attraktive Ganzjahresangebote an besonderen Waldstandorten entwickelt. Dabei wird ein Besucherlenkungskonzept sicherstellen, dass die Angebote der Natur und Biodiversität nicht schaden. "Durch aktives Arbeiten am klimafitten Wald der Zukunft sollen die Wirtschaftlichkeit, Schutzfunktionalität, Erholungsfunktion, Naturnähe und Nachhaltigkeit der Wälder erhöht und damit die Region als Ganzes gestärkt werden", so KLAR!-Projektleiter Christian Natter.

Durch den Klimawandel werden sich langfristig die Baumartenzusammensetzungen im Bregenzerwald ändern, was auch die heimischen holzverarbeitenden Betriebe und den Holzhandel vor Herausforderungen stellt. Der Anteil an Laubhölzern wird zunehmen, allerdings sind die aktuellen Verwendungsmöglichkeiten für diese Holzart zum Teil sehr mangelhaft. Ziel ist es daher, die Holzwirtschaft und das Baugewerbe für die Problematik zu sensibilisieren und die Verwendung von Alternativen wie Buche als Konstruktionsholz in Vorarlberg zu forcieren.

Die für Rutschungen anfällige Geologie der Region in Verbindung mit den ohnehin sehr großen Niederschlagsmengen tun ihr Übriges dazu, dass bei heftigen und/oder langanhaltenden Niederschlägen Hänge ins Rutschen kommen und Bäche über ihre Ufer treten. Unter dem Titel "Naturgefahren durch Wildbäche: kleine Ursachen – große Wirkung" werden gemeinsam mit der Wildbach- und Lawinenverbauung Schulungen für Gemeindeverantwortliche und Grundeigentümer durchgeführt.

Zur Bewerbung der vielfältigen bewusstseinsbildenden Maßnahmen wie Vorträge, Diskussionen und Workshops wurden das Logo would 2050 (Would: Bregenzerwälder Dialektwort für Wald) und weitere grafische Elemente entwickelt. Die plakative Gesamtgestaltung hat sich als sehr öffentlichkeitswirksam erwiesen und transportiert das Thema Klimawandel in der Region auf eine einfache und provokante Art.

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Literatur

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