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Bildungs- und Beratungsverantwortliche vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) hatten vom 11. bis 13. September ein umfangreiches Tagungsprogramm organisiert, bei dem in Vorträgen, Diskussionen, Workshops und Exkursionen zahlreiche Denkanstöße, neue Perspektiven und Best-Practice-Beispiele erarbeitet und präsentiert wurden. Der sächsische Landwirtschaftsminister Wolfram Günther betonte in seinem Eingangsvortrag die große Bedeutung des interdisziplinären Wissensaustauschs der Bildungs- und Beratungskräfte.

Enge Zusammenarbeit

Im Verbundsystem Agrarwissen sollen diese in Sachsen zukünftig noch enger zusammenarbeiten. Wichtigste Aufgabe sei es, die in der Landwirtschaft tätigen Menschen bei den großen gegenwärtigen Veränderungen der Agrarsysteme zu unterstützen. In Sachsen bewirtschaften etwa 6.500 Betriebe im Haupt- und Nebenerwerb eine Fläche von rund einer Million Hektar. Diese Zahl ist nach Aussage von Günther relativ stabil.

Die Gewinnung von neuen Lehr- und Beratungskräften wird in Sachsen als sehr wichtig eingestuft. Daher gibt es seit diesem Jahr wieder eine eigenständige Laufbahnausbildung in Sachsen, die die Einheit von Bildung und Beratung fördert. Eine große Herausforderung stellt in der Landwirtschaft auch der Arbeitskräftemangel dar. Hier werden nach Auffassung von Günther vereinfachte Allianzen zwischen Bildungs- und Beratungsakteuren benötigt, um die Ausbildung neuer Arbeitskräfte zu unterstützen.

In kurzen Statements äußerten sich Akteure aus der angewandten Wissenschaft, Beratung und Praxis zu ihren Erwartungen im Zusammenhang mit dem Transformationsprozess in der Agrarwirtschaft. "Berufs- und Fachschullehrkräfte müssen für ihre Arbeit höhere Wertschätzung erfahren, denn sie lehren und beraten das Management sehr komplexer Unternehmen mit hoher Multifunktionalität", so Prof. Dr. Knut Schmidtke, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden und ehemaliger Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL.

Florian Herzog, Referatsleiter Wissenstransfer und Innovation der Landwirtschaftskammer Österreich, betonte, dass Beratung auf viele Herausforderungen Antworten finden und sich dabei auch mit transdisziplinären Fragen beschäftigen müsse. Er wies auf die große Bedeutung eines funktionierenden agrarischen Wissens- und Innovationssystems (AKIS) hin, das für die Resilienz und Innovationskapazität des Agrarsektors unerlässlich sei. Beratung und Bildung seien an dieser Stelle Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Praxis.

Verbesserungsmöglichkeiten im Ausbildungssystem aus Sicht der landwirtschaftlichen Praxis beschrieb Jan Gumpert, Vorstandsvorsitzender der Agraset-Agrargenossenschaft eG Naundorf. Besseres schulisches Equipment sowie ein besseres Angebot des ÖPNV im ländlichen Raum stehen unter anderem auf seiner Wunschliste.

Zentrale Zukunftsfragen

In insgesamt elf Workshops tauschten sich die Teilnehmenden über die künftigen Anforderungen an Bildung und Beratung mit Blick auf Digitalisierung, AKIS, Beratungsorganisation und -strategie, regionale Wertschöpfung, Naturschutz und Landwirtschaft, Tierwohl, Entwicklung ländlicher Räume, Klima- und Ressourcenschutz, ökologischer Landbau und betriebliches Management aus. Die Ergebnisse aus dieser intensiven Themenarbeit wurden im Plenum vorgestellt. Folgende grundsätzlichen Gedanken wurden zu den Schwerpunkten formuliert:

  • "Die Frage ist nicht mehr, welche Veranstaltungen online stattfinden können, sondern was muss in Präsenz stattfinden?"
  • "Erkenntnisse müssen ohne großen Zeitverlust in die Praxis übersetzt werden."
  • "Professionelle Beratungskoordination, Management und Vernetzung sind gefragt."
  • "Erreichen wir zum Beispiel in der Beratung zur regionalen Wertschöpfung, zur sozialen Landwirtschaft und zum Naturschutz diejenigen, die wir erreichen wollen?"
  • "Fort- und Weiterbildung müssen gestärkt werden."

Neun Exkursionen in unterschiedliche Regionen Sachsens rundeten das Bild der Agrarwirtschaft des gastgebenden Bundeslandes ab. Hier ging es um Nachhaltigkeit und Einkommensdiversifizierung, ökologischen Landbau, Natur- und Artenschutz, digitale Transformation, Wertschöpfungsketten, Entwicklung ländlicher Räume, berufliche Qualifikation und betriebliche Innovation, Wein- und Gartenbau. Engagierte Betriebe und Bildungseinrichtungen stellten sich und ihre Arbeit vor und gaben Impulse zum fachlichen Gedankenaustausch.


Die nächste Tagung von IALB, EUFRAS (European Forum for Agricultural and Rural Advisory Services) und SEASN (South Eastern Advisory Service Network) wird vom 10. bis 13. September 2024 in Edinburgh, Schottland stattfinden.


Systempartnerschaft

Zum Abschluss der Tagung lenkte Prof. Dr. Franz Josef Rademacher, unter anderem Vorstand des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung und Mitglied des Club of Rome, den Fokus über die Grenzen Sachsens hinaus auf die weltweiten Herausforderungen wie das hohe Bevölkerungswachstum, die zunehmenden politischen Konflikte sowie die Veränderungen im Umwelt- und Klimabereich. Er unterstrich die Diskrepanz innerhalb der Weltbevölkerung. Für den größten Teil geht es nach seiner Aussage um wirtschaftliches Wachstum, mehr Wohlstand, Nutzung vorhandener Ressourcen und die Überwindung von Hunger und Armut. In den gutsituierten Ländern wie Deutschland stehen eher die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Vordergrund. Das Klimaproblem sei nur global zu lösen und dazu müssten die reichen Länder eine Systempartnerschaft mit den ärmeren Ländern eingehen.