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THEMEN IN DIESEM BEITRAG

Jakob Ganten, Geschäftsführer des Netzwerks Biodynamische Bildung erläutert Gestaltung der biodynamischen Ausbildung und Weiterentwicklungsmöglichkeiten.

Interview

Warum bedarf es einer eigenen Ausbildungsmöglichkeit für biodynamischen Landbau?

Ganten: Wir verstehen uns als Farbfleck in der Agrarbildungslandschaft. Die etablierte duale Ausbildung ist gut aufgestellt und ökologische Landwirtschaft wird inzwischen auch an den Berufsschulen ernst genommen, aber dieser Weg ist nicht attraktiv für alle. Der überwiegende Teil der Menschen, die sich für die biodynamische Ausbildung interessieren, kommt aus landwirtschaftsfernen Familienverhältnissen. Die meisten Auszubildenden haben Abitur. Sie sind entschieden, dass sie ökologische Landwirtschaft machen wollen. Wir sind überzeugt, dass es kreative Angebote wie unseres braucht. Der Bedarf an ausgebildeten Menschen wird noch deutlich steigen, wenn wir der Politik folgend den Anteil des Ökolandbaus in den kommenden Jahren auf 30 Prozent ausdehnen wollen.

Was ist denn anders an dieser Ausbildung?

Ganten: Was wir machen, ist in der Praxissituation eigentlich nah am dualen System orientiert. Im schulischen Teil sind es immer Blockseminare, denn dadurch kann die Gruppe besser in ein Thema einsteigen. Der Stundenplan hat Parallelen zum staatlichen Rahmenlehrplan, setzt aber auch ganz eigene Themenschwerpunkte. Wir bemühen uns um eine moderne Pädagogik und fördern sehr das Selbststudium. Die Gruppen lernen aber auch miteinander, diskutieren oder suchen nach Lösungen. Wir raten dazu, mindestens einmal während der Ausbildung den Lehrbetrieb zu wechseln, um unterschiedliche Spezialisierungen zu erleben. Natürlich wechseln auch einige hinterher das Arbeitsfeld, aber sicher die Hälfte bleibt am Ende im Ökolandbau.

Wird der Ausbildungsabschluss auf dem Arbeitsmarkt als gleichwertig wahrgenommen?

Ganten: Die biodynamische Ausbildung ist in der ökologischen Landwirtschaft flächendeckend bekannt. Damit kann man sich gut auf einem Betrieb bewerben. Allerdings braucht, wer eine Meisterschule machen will oder die Junglandwirteprämie für die Gründung haben möchte, doch den staatlich anerkannten Abschluss. Wir empfehlen daher allen Auszubildenden, sich parallel bei den Kammern beziehungsweise den Ämtern für Landwirtschaft zur Externenprüfung zu melden. Wir erstatten hier in Niedersachsen zum Beispiel die Prüfungskosten. Es kommen auch Vertreter der Landwirtschaftskammer zur Vorbereitung in die Kurse, die Kooperation klappt gut. Trotz der unterschiedlichen Länderregelungen sind die Inhalte im Curriculum überall ähnlich.

Wäre da nicht die bundesweite Anerkennung des Abschlusses wünschenswert?

Ganten: Das ist ein großer Wunsch von uns. Aktuell steht das Netzwerk in Verhandlung, dass die Abschlussprüfung für Externe in Zukunft ohne Wartezeit direkt nach Ausbildungsende absolviert werden kann. Auch wir nehmen Zwischen- und Fachprüfungen ab und Berufserfahrung ist ebenfalls vorhanden. Während der Ausbildung wird ein Berichtsheft geführt und Projektarbeiten angefertigt. Denkbar wäre künftig, dass wir zusätzlich einen Prüfungsvorbereitungskurs der Kammern oder den Pflanzenschutzmittel Sachkundenachweis in unsere Kurse integrieren.

Einerseits ist es ein alternatives Ausbildungsmodell, andererseits hat die biodynamische Ausbildung eine QS-Zertifizierung durchlaufen. Wie geht das zusammen?

Ganten: Das geht sehr gut zusammen! Ziel ist, die Bildungsarbeit immer weiter zu entwickeln und zu professionalisieren. Um die qualitätsrelevanten Fragen zu prüfen, ist ein Evaluationskonzept sinnvoll. Der Auditor war in zwei Regionen jeweils drei Tage unterwegs, hat mit Auszubildenden, Ausbilderinnen und Ausbildungsberatern gesprochen und dokumentiert: Was wird in den Geschäftsstellen protokolliert? Wie werden die Ausbildungsbetriebe zugelassen? Das war sehr hilfreich und klärend für uns, auch durch die Art und Weise, wie Auditoren fragen. Die Liste an Empfehlungen, die wir bei der Auswertung erhalten haben, ist nun die Grundlage für das Audit in diesem Jahr.



Biodynamische Ausbildung

Unter dem Dach des 2019 gegründeten Netzwerks Biodynamische Bildung sind deutschlandweit sechs regionale Ausbildungsorganisationen im biologisch-dynamischen Landbau zusammengeschlossen. Den Norden vertritt die Bäuerliche Gesellschaft e. V., den Osten die Vereinigung Ost e. V., Demeter NRW die westlichen Bundesländer und Freies Land e. V. die südlichen Bundesländer. Hinzu kommen die Landbauschule Dottenfelder Hof e. V. und die Freie Landbauschule Bodensee e. V.

Je nach Region und Bundesland wird die eigenständige Ausbildung regional angepasst durchgeführt. Der dreijährigen Ausbildung geht immer ein halbjähriges Praktikum voran. Die Ausbildung folgt anschließend einem dreijährigen Curriculum, in dem Gemüsebau wie auch Landwirtschaft gemeinsam unterrichtet werden. Spätestens zur Zwischenprüfung müssen sich die Teilnehmenden für eine der zwei Fachrichtungen entscheiden. Der Unterricht erfolgt in Blockseminaren von 3–5 Tagen pro Monat, die auf Praxisbetrieben stattfinden. Neben den fachlichen Themen bieten die Seminare auch künstlerische und soziale Übungen.

Ausbildungsziel ist die Vermittlung der nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten, um Betriebsbereiche eigenständig zu betreuen. Damit die Auszubildenden möglichst viele unterschiedliche Betriebszweige und Betriebsstrukturen kennenlernen, sind sie angehalten, mindestens einmal während der Ausbildung den Lehrbetrieb zu wechseln. Die Abläufe der Ausbildung sind an das duale System angelehnt: So wird zum Beispiel auch hier ein Berichtsheft geführt, ein Herbarium angelegt und Theorie wie Praxis geprüft. Die Ausbildung schließt mit einem privaten Abschluss als biologisch-dynamischer Gärtner/Gärtnerin oder Landwirtin/Landwirt ab.

Ausbildungsplätze werden von rund 180 Landwirtschafts- und Gemüsebaubetrieben in ganz Deutschland angeboten.

Das Netzwerk finanziert die Ausbildung anteilig über öffentliche Fördermittel. Weitere Mittel stammen aus Spenden. Die Unterstützer sind Stiftungen, Firmen und Privatpersonen, die zum Beispiel Ausbildungspatenschaften übernehmen.

Das Netzwerk Biodynamische Bildung wurde von der UNESCO für sein herausragendes Engagement in der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ausgezeichnet.