
Aktuell bestehen im Land Brandenburg fünf Ausbildungsnetzwerke in der Landwirtschaft:
- Oder-Spree,
- Südbrandenburg (Spree-Neiße sowie Oberspreewald-Lausitz, Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming),
- Elbe-Elster,
- Mittelmark-Fläming (Potsdam-Mittelmark mit Teltow-Fläming),
- Nord-Ost (Uckermark, Barnim und Oberhavel).
Laut Agrarbericht des Ministeriums für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (Stand: 2024) arbeiten 161 anerkannte Ausbildungsbetriebe mit 332 Auszubildenden in der Ausbildung freiwillig im Rahmen von Ausbildungsnetzwerken zusammen. Ihr gemeinsames Ziel ist die Sicherung des erforderlichen Fachkräftenachwuchses für die Landwirtschaft und eine Verbesserung der Ausbildungsqualität. In den dünn besiedelten Regionen im Nordwesten und Westen Brandenburgs hat sich bisher kein Netzwerk etablieren können.
Entstehungsgeschichte
Die erste Idee für einen Zusammenschluss von Ausbildungsbetrieben hatte Sabine Baum, zuständig für die berufliche Bildung im Agrarbereich im Landwirtschaftsministerium in Potsdam, bereits im Jahr 1999. Das, was damals unmöglich schien, ist dank ihrer Beharrlichkeit 26 Jahre später fest etablierter Bestandteil in der Agrarausbildung in Brandenburg. Das Ausbildungsnetzwerk im Landkreis Elbe-Elster war 2008 das Pilot-Netzwerk.
Möglich wurde es durch das Projekt „ZULAUF – Zukunft durch Ausbildung in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben“, einigen engagierten Ausbildungsbetrieben der Regionalen Wirtschaftsförderung Elbe-Elster und dem damaligen Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Werenzhain, Dieter Heyde. Es wurde für drei Jahre aus Landesmitteln gefördert. „So konnten wir die Wirkung der Netzwerkarbeit auf den Erfolg der Ausbildung einschätzen“, bestätigt sie. „Aus meiner Sicht war es ein gutes Beispiel für nachhaltige Förderung.“
Um alle Ausbildungsinhalte vermitteln zu können, wird die Kooperation zwischen Ausbildungsbetrieben in einigen Fällen von der Zuständigen Stelle gefordert. Damals neu war die Bereitschaft, freiwillig mit mehreren Partnern verbindlich zusammenzuarbeiten, ohne die Verantwortung abzugeben, Auszubildende für Netzwerkaktivitäten freizustellen und sich an der Finanzierung des Netzwerkes zu beteiligen.
Das Ausbildungsnetzwerk Elbe-Elster war als Pilot-Netzwerk erfolgreich. Bereits 2009 gründete sich mit dem Ausbildungsnetzwerk Südbrandenburg das nächste Netzwerk. Weitere folgten – zuletzt im Jahr 2019 in der Region Nordost. Ein sechstes Netzwerk ist aktuell nicht geplant.
Freiwilliger Zusammenschluss
„Für viele ist die Funktionsweise erst einmal schwer verständlich“, gibt Sabine Baum zu. Der Zusammenschluss der anerkannten Ausbildungsbetriebe ist freiwillig, es gibt keine Rechtsform. Die Ausbildungsbetriebe behalten die volle Verantwortung für die Ausbildung ihres Auszubildenden, sie schließen die Ausbildungsverträge ab und zahlen die Ausbildungsvergütung. Im sogenannten Netzwerkknoten werden alle Aktivitäten koordiniert und die Förderung beantragt. Außerdem werden dort die Vereinbarungen mit den Netzwerkbetrieben abgeschlossen, in denen sich der Betrieb zur finanziellen Beteiligung, zur Freistellung der Auszubildenden und zum Angebot von Unterweisungen verpflichtet.
Die einzelnen Netzwerke sind unterschiedlich gestaltete Konstrukte. Verwaltet werden sie meist durch regionale Bauernverbände, aber auch, wie in der Region Elbe-Elster, durch einen engagierten Landwirtschaftsbetrieb, die Agrargenossenschaft Werenzhain eG. bzw. einem Träger der beruflichen Bildung beim Ausbildungsnetzwerk Nord-Ost. In der Regel gibt es einen Beirat und eine jährliche Mitgliederversammlung.
Finanzielle Förderung
Die Ausbildungsnetzwerke sind seit 2011 als eigener Fördergegenstand in einer gemeinsamen Richtlinie des Arbeits- und des Landwirtschaftsressorts, der „PAV-Richtlinie“, verankert. PAV steht für „Programm zur qualifizierten Ausbildung im Verbundsystem“. Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESFplus) und Landesmitteln in Höhe von 70 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben. Die restlichen 30 Prozent werden als Eigenanteil von den Betrieben getragen. Die Antragstellung erfolgt jeweils für 24 Monate. Die Größenordnung der bewilligten Mittel bewegt sich zwischen 37.000 und 49.000 Euro für zwölf Monate.
Erfolgsfaktoren
Die Netzwerke sind keine Selbstläufer. Grundvoraussetzung ist eine Mindestgröße, um Synergieeffekte nutzen zu können (mindestens zehn anerkannte Ausbildungsbetriebe, von denen acht aktuell ausbilden müssen). Weitaus wichtiger ist die persönliche Ebene. „Es müssen sich Betriebe finden, die sich kennen, vertrauen und bereit sind, es gemeinsam zu versuchen. Das kann man nicht verordnen, sondern hängt stark von den handelnden Personen ab“, so die Erfahrung von Sabine Baum.
Risiken, die ein Netzwerk zum Scheitern bringen können, sind laut der Studie des Begleitprojekts „Erfolgsindikatoren von Ausbildungs- und Qualifizierungsnetzwerken“ aus dem Jahr 2010 ein Mangel an Vertrauen, die Fluktuation von Mitgliedsbetrieben beziehungsweise wichtigen Personen oder das Wegbrechen finanzieller Förderung. Wenn die Auszubildenden an unterschiedlichen Berufsschulen lernen, werden die Zeitfenster für gemeinsame Aktivitäten sehr eng, was zulasten der Effektivität geht.
„Für ein erfolgreiches Ausbildungsnetzwerk sind verbindliche Regelungen der Zusammenarbeit und eine intrinsische Motivation das Wichtigste“, ist Sabine Baum überzeugt. Die Inhalte von Veranstaltungen müssen flexibel und eng am Bedarf der Azubis und der Ausbildungsbetriebe orientiert sein. „Ausbildungsnetzwerke sind ein partizipativer und transparenter Prozess und nicht nur eine Möglichkeit, Fördermittel abzuschöpfen.“
Nach 20 Jahren sind die ehemaligen Auszubildenden inzwischen selbst in Führungspositionen angekommen und wissen die Vorteile der Netzwerkarbeit zu schätzen. Neue Betriebe werden auch über den Austausch der Auszubildenden untereinander geworben. „Selbst die größten Kritiker der Anfangszeit sind inzwischen begeistert“, freut sich Sabine Baum.

Umsetzung in Südbrandenburg
Mähdruschtechnik, Maisanbau, Milchviehfütterung, Düngung, Eutergesundheit, Stalltechnik und Zwischenfruchtanbau – die Themenliste der Lehrunterweisungen für die Auszubildenden in den Berufen Landwirt/Landwirtin, Tierwirt/Tierwirtin und Fachkraft Agrarservice sowie Landwirtschaftshelfer und -helferin ist umfangreich – und damit längst nicht komplett. Im Laufe eines Jahres kommen so etwa 50 Lehrunterweisungen und Exkursionen zu 24 verschiedenen Themen im Ausbildungsnetzwerk Südbrandenburg zusammen. Sabrina Sterling und Dagmar Petschick arbeiten in der Koordinierungsstelle beim Bauernverband Südbrandenburg e. V. in Luckau als Netzwerkmanagerinnen.
Das Ausbildungsnetzwerk Südbrandenburg wurde bereits im Jahr 2009 gegründet und umfasst die vier Landkreise Spree-Neiße (zehn Betriebe), Oberspreewald-Lausitz (neun Betriebe), Dahme-Spreewald (16 Betriebe) und Teile des Landkreises Teltow-Fläming (fünf Betriebe). Aktuell sind 40 landwirtschaftliche Ausbildungsbetriebe mit 96 Auszu-bildenden freiwillige Mitglieder. Im Gründungsjahr waren es elf Betriebe und 21 Auszubildende. Die Zahl der Betriebe und Auszubildenden ist in den vergangenen Jahren erfreulich stabil. Dagmar Petschick sieht das als Bestätigung für die gute Arbeit des Ausbildungsverbundes.
„Die Organisation der Lehrunterweisungen im Netzwerk ist sehr anspruchsvoll“, bestätigt sie. Der Einzugsbereich ist sehr groß. Die Koordinatorin hat die Turnuspläne aller fünf Berufsschulen im Blick, wenn sie Termine vereinbart. Meist werden zwei oder drei Wiederholungen an unterschiedlichen Orten angeboten, damit alle Auszubildenden die Möglichkeit haben teilzunehmen und der Anfahrtsweg nicht zu weit ist. Gleichzeitig organisiert sie auch die Fahrten zu den Veranstaltungen. „Nicht jeder Auszubildende hat einen Führerschein“, erläutert sie. „Manche Betriebsleiter haben in der Vergangenheit deshalb sogar Fahrdienste übernommen.“
Nah an der Praxis

Die gemeinsamen Lehrunterweisungen zu allen wichtigen Ausbildungsinhalten finden bei den Partnerbetrieben des Netzwerks statt. Die Auszubildenden bekommen so einen guten Einblick in unterschiedliche Betriebszweige und Produktionsausrichtungen. „Nicht jeder kennt einen Melkroboter aus dem eigenen Betrieb oder einen Kartoffelvollernter. Sinn und Zweck ist es, den eigenen Horizont zu erweitern. Die Auszubildenden lernen andere Arbeitswelten kennen und können sich untereinander und mit Profis austauschen“, betont die Koordinatorin. Für die Lehrunterweisung suchen sich Sabrina Sterling und Dagmar Petschick Experten und Expertinnen aus der Praxis und der Industrie. „Die Referenten sind Berater aus der Futtermittel- oder Düngemittelindustrie, es sind aber auch Bodenkundler oder Wissenschaftler dabei“, so Dagmar Petschick. „Sie sind fachlich auf dem neusten Stand und fast alle machen es ohne Honorar.“ Zusätzlich werden überbetriebliche Lehrveranstaltungen und Exkursionen, etwa zu Molkereien, in eine Schlachterei oder auch zu einem Landtechnikhersteller angeboten. Die Veranstaltungen sind für alle drei Lehrjahre offen, um jedem eine Teilnahme zu ermöglichen.
Im Winter findet eine Onlineveranstaltung zum Thema „Wirtschaft und Sozialkunde“ statt. „Hier bereiten wir ganz konkret anhand des veröffentlichten Fragenpools auf die Prüfung vor“, so Dagmar Petschick. Das Ausbildungsnetzwerk bietet auch Unterstützung bei der Prüfungsvorbereitung an. Neben fachlicher Nachhilfe gehört dazu auch die Vorkontrolle des Berichtshefts.
Die ordnungsgemäße Berichtsheftführung ist Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung. „Hier wird gerne geschludert“, weiß die Mitarbeiterin des Bauernverbandes Südbrandenburg. „Zum Lernen können unsere Auszubildenden die verbandseigene Lern-App ‚AgrarQuiz‘ nutzen. Dort gibt es speziell auf den Lehrplan zugeschnittene Fragenkataloge, die man auch auf dem Handy üben kann.“
Zum inzwischen dritten Mal hat das Ausbildungsnetzwerk eine verkürzte praktische Probeprüfung organisiert. Zu je einem Thema aus dem Feldbau und der Tierhaltung muss etwa eine Stunde lang referiert werden. „Das ist für viele ernüchternd und rüttelt wach“, erklärt Dagmar Petschick den Effekt. Viele Auszubildende sind es nicht mehr gewohnt, vor anderen zu sprechen. „Daraus haben wir gelernt. Wir versuchen jetzt in den Lehrunterweisungen nicht nur Frontalunterricht zu machen, sondern immer auch Vortragsübungen für die Lehrlinge einzubinden.“ Innerhalb des Netzwerks, etwa beim Ausbildertag, mit dem Prüfungsausschuss und auch zwischen den fünf Ausbildungsnetzwerken in Brandenburg findet ein regelmäßiger Austausch statt.
Bewährtes Konzept
Dagmar Petschick zieht eine positive Bilanz: „All das hat sich bewährt. In diesem Jahr gab es eine 100-prozentige Bestehensquote in den Prüfungen.“ Der Zusammenschluss sichert die Ausbildungsqualität und macht die Ausbildung in der Landwirtschaft interessant.
Alle Akteure im Netzwerk sind mit Herzblut dabei: Die Betriebsleitende sind dankbar für das Angebot und stellen ihre Auszubildenden für die Lehrunterweisungen gerne frei. Und auch viele Auszubildende wissen das zusätzliche Angebot sehr zu schätzen, um bestimmte Themen noch einmal zu festigen. „Wir geben alles, damit die Qualität erhalten bleibt“, bekräftigt die Koordinatorin mit Blick auf das inzwischen sehr große Netzwerk.
Links
Agrarbericht des Ministeriums für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg: https://agrarbericht.brandenburg.de/abo/de/bildung/ausbildungsnetzwerke/
(Unveröffentlichte) Studie „Erfolgsindikatoren von Ausbildungs- und Qualifizierungsnetzwerken“ (2010): erhältlich bei Sabine Baum, Ministerium für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, Referat 34, sabine.baum@mluk.brandenburg.de
Bauernverband Südbrandenburg e. V.: https://www.bv-suedbrandenburg.de/seite/130466/partnerbetriebe.html
Agrarausbildungsbetriebe in Brandenburg (in Netzwerken) – interaktive Karte: https://agrarausbildungsbetriebe.brandenburg.de/pl/home?p_p_id=zitbb_agrarausbildung_portlet_ZitbbAgrarausbildungPortlet&p_p_lifecycle=0&p_p_state=normal&p_p_mode=view&_zitbb_agrarausbildung_portlet_ZitbbAgrarausbildungPortlet_tab=agrarausbildung.tab5