
Neben den Auswirkungen des Klimawandels, die in zahlreichen Publikationen thematisiert werden (zum Beispiel Malhi et al. 2021), ist auch die zunehmende Begrenztheit essenzieller Ressourcen für die landwirtschaftliche Praxis von Bedeutung. Insbesondere die globalen Phosphorreserven in den für die Produktion phosphorhaltiger Düngemittel genutzten Lagerstätten sind eine endliche Ressource. Die Phosphorvorräte werden voraussichtlich in einem Zeitraum von 60 bis 130 Jahren erschöpft sein (Schubert 2024).
Umgang mit begrenzter Ressource

Im Gegensatz zu Stickstoffdüngern, welche durch das Haber-Bosch-Verfahren synthetisch aus atmosphärischem Stickstoff hergestellt werden können, ist eine vergleichbare Gewinnung von Phosphor aus der Atmosphäre nicht möglich. Phosphordünger wie Superphosphat können zwar industriell produziert werden, ihre Herstellung basiert jedoch auf der begrenzten Verfügbarkeit von mineralischem Phosphor, der aus natürlichen Lagerstätten extrahiert werden muss. Phosphor ist, ebenso wie Stickstoff, ein essenzielles und nicht substituierbares Element für alle (Nutz-)Pflanzen, welches eine Schlüsselrolle bei der bedarfsgerechten Düngung landwirtschaftlicher Kulturen spielt. Gleichzeitig birgt eine übermäßige oder unsachgemäße Phosphordüngung erhebliche Umweltgefahren. Dieser Zielkonflikt zwischen der notwendigen Versorgung der Pflanzen und den potenziellen Umweltfolgen stellt die Landwirtschaft vor die Herausforderung, das sogenannte Düngedilemma zu lösen.
Solche Herausforderungen erfordern ein umfassendes Umdenken des gesamten landwirtschaftlichen Sektors und betreffen somit auch die einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe. Denn nicht nur die Landwirtschaft als Branche, auch die einzelnen Landwirtinnen und Landwirte, folglich auch die Auszubildenden, sind mit dem gleichen Spannungsfeld konfrontiert und stehen vor der Aufgabe, den verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden. Auf der einen Seite stellt die angepasste (Phosphor-)Düngung des Bodens ihren Ertrag sicher und gewährleistet so die Ernährungssicherheit sowie die Generierung monetärer Einkünfte. Auf der anderen Seite stellt das System des Bodens nicht nur einen Produktionsfaktor dar, sondern bildet im Ökosystem die Lebensgrundlage diverser floristischer und faunistischer Arten.
Eine übermäßige Düngung kann zur Eutrophierung von Oberflächengewässern führen und somit weitreichende Folgen für das gesamte Ökosystem haben. Damit tragen die Landwirtinnen und Landwirte durch die Nahrungsmittelproduktion nicht nur die Verantwortung für die mittelfristige Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung, sondern haben auch die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, langfristig die genutzten Ressourcen zu schonen und ein intaktes Ökosystem zu bewahren, um zu einer lebenswerten Zukunft für nachfolgende Generationen beizutragen.
Nachhaltigkeitsbezogene Kompetenzen
In der gegenwärtigen unterrichtsthematischen Auseinandersetzung der Berufsschule steht zurzeit im Zusammenhang der Phosphordüngung die korrekte Berechnung einer Düngebedarfsermittlung (DBE) im Vordergrund. In Anbetracht der Phosphorknappheit und der Notwendigkeit einer angemessenen Berücksichtigung der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist jedoch bei den Auszubildenden der Erwerb einer erweiterten Kompetenz erforderlich, um nachhaltig und verantwortungsvoll mit Phosphor wirtschaften zu können.
Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hatte eine Modernisierung dieser Standardberufsbildposition verabschiedet: Sie sieht vor, dass während der gesamten Ausbildung nachhaltigkeitsbezogene Kompetenzanforderungen vermittelt werden müssen. Seit dem 1. August 2021 ist die Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ rechtsverbindlich für alle neuen und novellierten Verordnungen. Das Thema Nachhaltigkeit soll dabei nicht lediglich als eine separate Ergänzung verstanden werden, sondern es soll vielmehr eine Anpassung an die jeweiligen Berufe sowie eine Ausrichtung auf konkrete berufliche Handlungssituationen erfolgen. In Übereinstimmung mit den Empfehlungen des BIBB sollte neben einer integrativen Vermittlung von Nachhaltigkeit durch die Standardberufsbildposition auch eine entsprechende berufsspezifische Anpassung der Ordnungsmittel erfolgen (Holst 2022). Dies impliziert, dass auch die landwirtschaftliche Berufsbildung bei der Konzeption der neuen Rahmenlehrpläne entsprechend auszurichten und anzupassen ist.
Gemäß ihres gesetzlichen Bildungs- und Vermittlungsauftrags ist es Aufgabe berufsbildender Schulen, den Schülerinnen und Schülern die erforderlichen Kompetenzen zu vermitteln, die für die zuverlässige Bewältigung der wachsenden Herausforderungen der Arbeitswelt erforderlich sind. Die Fähigkeit zur Übernahme von Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns sowie eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaftsweise setzen die Aneignung von Kenntnissen über die komplexen Zusammenhänge und Wechselwirkungen der Phosphorproblematik voraus. Ohne ein tiefes Verständnis des Themas Phosphordüngung erlangen die Auszubildenden nur eine unzureichende Sachkompetenz, welche nicht die Verantwortung für die Folgen des agrarwirtschaftlichen Handelns einschließt.
In diesem Kontext erweist sich die Vermittlung von Kenntnissen über die Eigenschaften von Phosphor als nicht-erneuerbare Ressource sowie dessen essenzielle Rolle als Pflanzennährstoff als von entscheidender Bedeutung. Des Weiteren ist ein Verständnis darüber notwendig, dass Phosphor in einen Kreislauf eingebunden ist sowie durch unsachgemäße Phosphordüngung potenziell das Risiko einer Eutrophierung besteht. Um diesen Aspekten auch in qualitativer Weise Rechnung zu tragen, wird es in der beruflichen Bildung erforderlich sein, über die rein rechnerische Bestimmung der erforderlichen Phosphordüngermenge hinauszugehen.
Problemlösendes Lernen
Angesichts der Breite des Themenfeldes „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ kann es in der Berufsschule nur darum gehen, die Auszubildenden entlang exemplarischer Beispiele an diesen komplexen Aufgabengegenstand in der notwendigen Tiefe heranzuführen. Vor diesem Hintergrund ist Wolfgang Klafki zu zitieren, der das Prinzip des Exemplarischen in seiner kritisch-konstruktiven Didaktik zum Thema macht. So geht es ihm um „[…] mehr oder minder weitreichend verallgemeinerbare Kenntnisse, Fähigkeiten, Einstellungen […], [die] Wesentliches, Strukturelles, Prinzipielles, Typisches, Gesetzmäßigkeiten, übergreifende Zusammenhänge […]“ zum Ausdruck bringen (Klafki 2007, S. 143-144).
Zentral ist das methodische Prinzip des problemlösenden Lernens, welches am Exempel der Phosphordüngung in den Unterricht einzutragen wäre. Auf diese Weise ließe sich nicht nur das selbstständige Denken am fachlichen Gegenstand (Grunddüngung) praxisorientiert fördern, sondern auch der Blick für die gesellschaftliche Dimension einer landwirtschaftlichen Verantwortung (Ressourcenknappheit) wäre mit eingebunden. In jedem Fall ist der Gefahr zu begegnen, dass im Zusammenhang mit der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ das Thema Nachhaltigkeit entlang einer Vielzahl an Einzelbeispielen lediglich plakativ und oberflächlich im Unterricht einfließt. Notwendig ist eine inhaltlich vertiefende Auseinandersetzung an ausgewählten Exempeln, wie der Phosphorproblematik, damit den Auszubildenden die grundsätzliche Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Handelns in der Landwirtschaft deutlich wird. Es sei zudem darauf verwiesen, dass im Kontext der dualen Ausbildung neben der Schule auch auf betrieblicher Ebene den Forderungen dieser Standardberufsbildposition unbedingt nachzukommen ist.
Fazit
Neben der juristischen Verpflichtung zur Umsetzung der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ erfordert die hohe Dringlichkeit der begrenzten Phosphorvorräte ein zeitnahes Handeln. Unter besonderer Berücksichtigung der Gefahr einer Phosphoreutrophierung lässt sich festhalten, dass in der landwirtschaftlichen Berufsbildung zukünftig die Phosphordüngung aus einer multiperspektivischen und inhaltlich vertiefenden Betrachtungsweise im Unterricht thematisiert werden muss, um einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser endlichen Ressource zu gewährleisten. Dies gelingt nur, wenn in der beruflichen Bildung wieder an das Prinzip des exemplarischen Lehrens und Lernens angeknüpft wird, damit Lernende über Einblicke in die Komplexität der fachlichen Tiefen zu übergreifenden Erkenntnissen vordringen, welche ein Verständnis von verantwortlichem beruflichem Handeln vermitteln.
Literatur
Holst, J. (2022): Nachhaltigkeit & BNE in der Beruflichen Bildung: Dynamik in Ordnungsmitteln, Potentiale bei Berufen, Lernorten und in der Qualifizierung von Ausbildenden. In: Nationales Monitoring Bildung für Nachhaltige Entwicklung, S. 1-28. URL: https://doi.org/10.17169/refubium-35827 (Abruf: 22.12.2024).
Klafki, W. (2007): Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. 6. Aufl., Weinheim und Basel.
Malhi, G. S.; Kaur, M.; Kaushik, P. (2021): Impact of climate change on agriculture and its mitigation Strategies: A review. In: Sustainability, 13. Jg., H. 3, S. 1318. URL: https://doi.org/10.3390/su13031318 (Abruf: 22.12.2024).
Schubert, S. (2024): Pflanzenernährung. 4. Aufl., Stuttgart.