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Fünf Schülerinnen und 14 Schüler der Winzer-Abschlussklasse an der Berufsbildenden Schule in Neustadt an der Weinstraße haben das Schulprojekt unter Anleitung von Fachlehrer Dr. Andreas Kopf durchgeführt. Insgesamt waren für das Projekt zwölf Unterrichtsstunden vorgesehen. Die Teilnehmenden legten folgende konkrete Fragestellung fest: „Wie können Ökowinzer den Kupfereinsatz gegen Peronospora reduzieren?“

Kupfer als Pflanzenschutzmittel

Der Falsche Mehltau ist im ökologischen Weinbau die am schwierigsten zu bekämpfende Pilzkrankheit. Die effizienteste Wirkstoffgruppe, um Peronospora im Ökoweinbau zu regulieren, ist Kupfer, wobei der Einsatz von Reinkupfer in Deutschland auf drei Kilogramm pro Hektar und Jahr limitiert ist. Als Kontaktmittel wirkt es lediglich dort, wo es angelagert wird. Mindestens wöchentliche Applikationsintervalle sind notwendig, um den Neuzuwachs zu schützen. Um die Gesamtmenge einzuhalten, werden pro Spritzung 100 bis 300 g/ha Reinkupfer (bis zu 500 g/ha in befallenen Anlagen) ausgebracht. Der Neuzuwachs an grünen Rebteilen ist insbesondere in der Hauptwachstumsphase nicht immer optimal vor Neuinfektionen geschützt, deshalb muss das Intervall verkürzt werden (drei bis fünf Tage). Erschwerend wirken sich Starkniederschläge aus, bei denen der Wirkstoff abgewaschen wird.

Kupfer ist ein Schwermetall, das sich im Boden anreichert und Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Die Biobranche sucht nach effektiven und nachhaltigen Strategien, da der Klimawandel mit extremen Witterungsschwankungen die Peronospora-Regulierung erschwert. Die Jahrgänge 2016 und 2021 waren deshalb für viele Ökowinzer sehr herausfordernd, da sie mit starkem Befall und Ertragseinbußen zu kämpfen hatten.

Interviews mit Ökowinzern

Aus diesen Gründen sahen auch die Schülerinnen und Schüler zu Projektbeginn die Ausbringung von Kupferpräparaten zur Peronospora-Regulierung sehr kritisch. In sechs Gruppen mit verschiedenen Schwerpunkten aufgeteilt, haben sie einen Fragebogen entwickelt und 23 praktizierende Ökowinzer und Ökowinzerinnen interviewt. Grundlegende Informationen zum Thema erhielt die Klasse am außerschulischen Lernort Weingut Andreas Müller und von Karin Franzen, die das Projekt VITIFIT – Gesunde Reben (Vitis vinifera) im Ökoweinbau durch Forschung, Innovation und Transfer – im Rahmen eines Experteninterviews vorstellte (siehe Infokästen).

Die Hälfte der interviewten Personen sind über 50 Jahre alt und alle männlich, zwei Drittel kommen von der Südlichen Weinstraße, einer aus Rheinhessen und die verbleibenden von der Mittelhardt. Knapp die Hälfte haben ihren Betrieb vor drei bis zehn Jahren auf ökologische Wirtschaftsweise umgestellt, die restlichen Befragten arbeiten schon über elf Jahre nach ökologischen Richtlinien. Lediglich zwei der Befragten waren mitarbeitende Familienmitglieder, ansonsten wurden Betriebsleitende interviewt.

Ökowinzer Andreas Müller

Einer der Ökowinzer, die Flächen für die VITIFIT-Versuche zur Verfügung stellen, ist Andreas Müller aus Frankweiler. Er bewirtschaftet mit seinem Team rund 18 Hektar Rebfläche, seine Frau Ulrike betreibt die Weinbar Müller. Das Weingut wird nach Bioland-Richtlinien bewirtschaftet. Dass der Betrieb auch Partnerbetrieb Naturschutz ist, zeigt sich an den nahezu unbeeinflussten Weinbergsböden und Begrünungen, die lediglich gewalzt werden, um die Biodiversität im Weinberg zu fördern. Seine ausgebrachten Pflanzenschutzmittel dokumentiert Andreas Müller in einer Excel-Tabelle, in der er neben der Menge (bei Kupfer zusätzlich die Reinkupfermenge) der eingesetzten Präparate, auch die Kosten netto sowie pro Hektar aufgeführt. Zudem werden hier auch Pflanzenschutzmittelzukäufe und -bestand dokumentiert. Kupfereinsparung erzielt er durch die Nutzung einer Recycling-Spritze. Während der Vegetation verzichtet der Winzer auf seinen Urlaub und lässt zugunsten von ad hoc anstehenden Pflanzenschutzmittelapplikationen private Aktivitäten ausfallen, weil der wirtschaftliche Schaden durch einen Peronospora-Befall sich sonst massiv auswirken könnte.

Zentrale Befragungsergebnisse

Einschätzung Umweltrelevanz: Die Hälfte der Befragten schätzten die Kupferanwendung als umweltbelastend ein, vier Personen meinten, diese wäre nicht belastend, und sechs schätzten sie als neutral ein.

Applikationstechnik und -management: 61 Prozent der Befragten bringen die für den Ökoweinbau zugelassenen Pflanzenschutzmittel mit Recycling-Spritzen aus. Die Winzer sind zufrieden mit dieser Technik und unterstreichen, dass sie damit Pflanzenschutzmittel, insbesondere Kupfer, bis zu 30 Prozent über das Jahr einsparen können, da Spritzbrühe, die als Abdrift die Zielfläche nicht erreicht, aufgefangen und wiederverwendet werden kann. Winzer, die keine Recycling-Spritze einsetzen, führen an, dass ihnen die Anschaffungskosten zu hoch sind, gefolgt von einem anspruchsvolleren Fahren bei der Ausbringung und höherem Aufwand bei der Gerätepflege.

Zu 80 Prozent bringen die Betriebsleiter die Pflanzenschutzmittel selbst aus. 70 Prozent geben an, dass sie elf bis 15 Spritzungen im Jahr benötigen. 30 Prozent liegen unter zehn Applikationen im Jahr. Im Durchschnitt werden pro Spritzung 13 Stunden pro Betrieb für die reine Fahrtzeit benötigt.

Pflanzenschutzmittelkosten: Lediglich acht Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die eingesetzten Bio-Pflanzenschutzmittel teurer als konventionelle Mittel sind, zwölf Prozent meinen, sie sind gleich teuer, aber 70 Prozent sind sich absolut sicher, dass diese preiswerter sind.

Möglichkeiten der Kupfereinsparung: Über die Hälfte der Befragten sehen im Anbau von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten, sogenannten PiWis, eine Möglichkeit Kupfer einzusparen, gefolgt von der Erhöhung der Biodiversität im Weinberg (30 Prozent) und der Optimierung der Kupferformulierung (26 Prozent). Der Flächenanteil der PiWis liegt im deutschen Weinbau bei unter fünf Prozent – interessante Weißweinsorten sind Cabernet blanc, Sauvignac oder Souvignier gris, bei den roten Sorten Pinotin, Cabertin oder Satin noir.

Für eine Zulassung von Kaliumphosphit zur Peronospora-Regulierung sprechen sich 81 Prozent der Befragten aus. Bis 2013 konnte dieser Wirkstoff als Pflanzenstärkungsmittel ausgebracht werden. Dann wurde das Präparat als Pflanzenschutzmittel eingestuft und darf seitdem nicht mehr im Ökoweinbau ausgebracht werden, da es nicht in der Positivliste für den ökologischen Pflanzenschutz aufgeführt ist. Seit letztem Jahr versuchen die Ökoverbände zusammen mit den Weinbauverbänden auf EU-Ebene eine Zulassung zu beantragen. Der Vorteil dieses Präparates liegt darin, dass es systemisch wirkt, von der Rebe aufgenommen und umverteilt wird und somit den Neuzuwachs effektiv schützt. Zwei Zustimmende würden die Zulassung aber auf zwei Applikationen beschränken.
Die Befragten, die sich gegen eine Zulassung von Kaliumphosphit aussprechen, begründen dies mit der Rückstandsproblematik von Phosphit im Wein beziehungsweise in der Rebe und mit der Verwendung eines naturfremden Wirkstoffs.

21 Prozent der Betriebsleiter setzen neue Pflanzenschutzmittel zur Peronospora-Regulierung ein, die für den ökologischen Landbau zugelassen sind. Zur Aktivierung der Abwehrkräfte sollte zum Beispiel ein Mittel zwei- bis dreimal hintereinander appliziert werden, da die Anwendung vorbeugend erfolgen müsse.

Bekanntheitsgrad von VITIFIT: 70 Prozent der Befragten kennen das Projekt VITIFIT. Interessant finden diese die Ansätze und Untersuchungen zur Wirkungssteigerung von Kupfer durch eine Kumar-Kombination, der Formulierungsalternative Kupfercabs (mikroverkapselte Kupfersalze mit Sonnenblumenöl) und einem Süßholzextrakt als Pflanzenstärkungsmittel.


Das Projekt VITIFIT

Im Projekt VITIFIT – Gesunde Reben (Vitis vinifera) im Ökoweinbau durch Forschung, Innovation und Transfer – arbeiten verschiedenste Forschungsinstitute, Ökowinzer und Firmen aus ganz Deutschland zusammen (https://vitifit.de/). Ziel von VITIFIT ist die Entwicklung von Pflanzenschutzstrategien zur nachhaltigen Regulierung des Falschen Mehltau der Weinrebe bei gleichzeitiger Reduzierung des Kupfereinsatzes. Ein innovatives Beispiel ist die Entwicklung eines Pflanzenstärkungsmittels aus Spätburgunder-Schnittholz. Der Holzinhaltsstoff, die Stilbene, wirkt wie ein natürliches Anti-Pilzmittel, das in jedem ausgereiften Rebstock vorkommt. Unter dem Link https://vitifit.de/mitmachen/ können sich Praktiker dem Netzwerk anschließen und aktuelle Projektinformationen erhalten.