
Produktionstechnische Voraussetzungen, materialtechnische Ausstattungen sowie gesellschaftliche Anforderungen unterliegen einem ständigen Wandel. Daran hat sich auch die Agrarausbildung in den unterschiedlichen Betriebszweigen im Kulturanbau oder in der Tierhaltung zu orientieren. Der Ausbildungserfolg soll gesichert werden, die Ausbildungsqualität muss stimmen. Außerdem stehen die Ausbildungsbetriebe in den Grünen Berufen im Wettbewerb mit vielen anderen Branchen um die besten künftigen Fach- und Führungskräfte.
Aus diesen Gründen haben sich in Sachsen etwa 70 landwirtschaftliche Ausbildungsbetriebe mit Auszubildenden aus verschiedenen Berufen in derzeit sieben regionalen Ausbildungsverbünden zusammengeschlossen. Die Entwicklung ist auch hier dynamisch. Eine systematische Erfassung der Verbundausbildung findet nur im Zusammenhang der Inanspruchnahme von Förderung statt. Nicht alle Beteiligten nehmen die staatliche Fördermöglichkeit in Anspruch.
Fördervoraussetzungen
Dem Freistaat Sachsen sind in seiner Fachkräftestrategie Möglichkeiten zur Verbesserung der Ausbildungsqualität wichtig. Bis 2020 wurde die Verbundausbildung mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF plus) gefördert, dem zentralen Instrument der Europäischen Union für Investitionen unter anderem in Aus- und Weiterbildung. Im Februar 2022 wurde der Fördertatbestand "Verbundausbildung" in die aktuelle Landesrichtlinie "Berufliche Bildung" aufgenommen. Für den eigenen Auszubildenden erhält der entsendende Ausbildungsbetrieb Fördermittel zur Deckung der Kosten aus dem Ausbildungsvertrag für die Zeit der Ausbildung in einem Verbund.

Folgende Voraussetzungen muss der Ausbildungsbetrieb erfüllen, um Fördermittel für die Verbundausbildung in Anspruch zu nehmen:
- Der Ausbildungsbetrieb muss seinen Sitz oder seine Niederlassung im Freistaat Sachsen haben und im Verzeichnis der Ausbildungsbetriebe eingetragen sein.
- Der Betrieb darf ein Unternehmen mit maximal 500 Mitarbeitenden sein.
- Die Inhalte der Verbundausbildung sind in den einzelnen Berufen Inhalt der Ausbildungsordnung und ergänzen die eigene Ausbildung im Unternehmen.
- Die Dauer der Verbundausbildung beträgt mindestens zwei Wochen beziehungsweise zehn Tage/Antrag.
- Bei Beantragung der Förderung muss der Nachweis erfolgen, dass der Ausbildungsvertrag in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG § 34) eingetragen worden ist.
Nicht förderfähig sind alle Betriebe in öffentlich-rechtlicher Form ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Eigen- oder Regiebetriebe).
Konzept mit vielen Vorteilen
In Sachsen werden insbesondere Landwirte/Landwirtinnen und Tierwirte/Tierwirtinnen, aber auch Fachpraktiker/Fachpraktikerinnen Landwirtschaft sowie in manchen Jahren Fachkräfte Agrarservice im Verbund ausgebildet. In jüngster Zeit haben auch Ausbildungsbetriebe im Produktionsgartenbau ihr Interesse signalisiert. Auch im Bereich der Binnenfischerei eröffnen sich Potenziale für eine Verbundausbildung, die – so zeigen die Erfahrungen – in vieler Hinsicht Vorteile bietet.
Im Ausbildungsverbund lernen Auszubildende aus unterschiedlich großen und unterschiedlich strukturierten Betrieben und erweitern dabei gezielt nicht nur ihr berufliches Wissen und Können, sondern auch ihre soziale Kompetenz. Gleichzeitig erhalten auch die jeweiligen Ausbildenden eine ihre Tätigkeit bereichernde Rückmeldung. Familienbetriebe und Agrargenossenschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) und Kapitalgesellschaften arbeiten eng zusammen und haben ihre Ausbildungsnetzwerke den regionalen Anforderungen angepasst. Dadurch sind die Ausbildungsbetriebe besser in der Lage, alle Inhalte der Ausbildungsordnung zu vermitteln. Die Ausbildungsberatung der Zuständigen Stelle im Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie wirkt dabei unterstützend und im Bedarfsfall vermittelnd.
Für die teilnehmenden Betriebe stellt die Verbundausbildung einen Imagegewinn dar. Durch die fortschreitende Spezialisierung können einige Betriebe den Anerkennungskriterien besser gerecht werden. Betrieben, die erwägen selbst auszubilden, aber nicht allen Herausforderungen der Anerkennung als Ausbildungsbetrieb entsprechen, erleichtert die Verbundausbildung den Einstieg.
Den Auszubildenden bietet die Verbundausbildung Abwechslung in der Ausbildung. Der Blick über den Tellerrand macht wirtschaftliche Zusammenhänge in der Region sichtbar, denn es werden nicht nur andere Produktionsweisen im Pflanzenbau und in der Tierhaltung vermittelt, sondern auch Aspekte der regionalen Wertschöpfung und Vermarktung in den Partnerbetrieben.
Das partnerschaftliche Zusammenwirken und die arbeitsteilige Vermittlung der Ausbildungsinhalte bieten den Betrieben die Garantie, dass bis zu den Prüfungen alle Inhalte in hoher Qualität vermittelt worden sind. Mit guten Prüfungsleistungen steigen die Übernahmechancen. Zudem können die Auszubildenden personenbezogene Kompetenzen wie Kommunikation, Mobilität und Flexibilität wie auch den Teamgeist ausbauen und verbessern.
Die berufliche Ausbildung im Verbund trägt dazu bei, die Ausbildung vollständig, vielseitig, attraktiv sowie technisch hochwertig und modern zu gestalten. Die gemeinsame Organisation von Ausbildungsabschnitten in den Verbünden entlastet die Ausbildungsverantwortlichen in den einzelnen Betrieben und fördert letztlich die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe.
Unterschiedliche Umsetzung
Ausbildungsverbünde werden in unterschiedlicher Art und Weise umgesetzt. Herausragendes gemeinsames Ziel bei jedem einzelnen Verbundpartner ist in erster Linie die Gewährleistung der Umsetzung der Ausbildungsordnungen in einer hohen Qualität. Die meisten Ausbildungsverbünde arbeiten in Sachsen nach dem Prinzip eines „Leitbetriebs mit Partnerbetrieben“: Alle beteiligten Betriebe sind dabei anerkannte Ausbildungsbetriebe. Organisation und Geschäftsführung liegen in der Regel in der Verantwortung des Leitbetriebs.
Die Auszubildenden rotieren zu verschiedenen Themen zwischen den Verbundpartnern. Neben praktischen Unterweisungen, Exkursionen und Wettbewerben erfolgt die Kontrolle der Ausbildungsnachweise/Berichtshefte, werden Prüfungen vorbereitet und gegebenenfalls Ausbildungsbegleitende Hilfen organisiert. Des Weiteren sind die Verbünde bei der Gewinnung von Auszubildenden aktiv und beraten zu Möglichkeiten der Weiterbildung.
Beispielhaft sind hier der Ausbildungsverbund Mittelsachsen sowie der Ausbildungsverbund Sächsische Schweiz – Osterzgebirge zu nennen. Eine Besonderheit beim Ausbildungsverbund Westerzgebirge ist, dass der Maschinen- und Betriebsring Stollberg e.V. die Geschäftsführung übernommen hat. Der F.A.L.L. (Fachkräftesicherungs- und Ausbildungsverbund Leipziger Land) ist als Verein organisiert. Der Muldentaler Ausbildungsverbund ermöglicht sowohl Landwirten/Landwirtinnen und Tierwirten/Tierwirtinnen als auch Milchtechnologen/Milchtechnologinnen den Einblick in andere auch ökologisch wirtschaftende Betriebe.

Die Dauer des Austausches im Verbund ist sehr unterschiedlich geregelt. Sie reicht von zehn bis 60 Tagen pro Ausbildungsjahr. Der Austausch erfolgt entweder wochenweise oder an einzelnen Tagen und wird durch die Geschäftsführung des Verbundes organisiert. Die einzelnen Betriebe bleiben für ihre Auszubildenden die Ansprechpartner. Sie schließen mit ihnen die Ausbildungsverträge ab.
Für die Beantragung der Fördermittel sind die ausbildenden Agrarbetriebe selbst verantwortlich. Die Geschäftsführung des Verbundes unterstützt sie dabei. Insbesondere dort, wo eine Vielzahl von Betrieben Teil des Ausbildungsverbundes ist, ist Organisationstalent erforderlich. Als Beispiel steht der Landwirtschaftliche Ausbildungsverbund Oberlausitz (LAO) mit 36 Mitgliedsbetrieben und rund 70 Auszubildenden. Entsprechend vielfältig sind die durch den Ausbildungsverbund vermittelten Ausbildungsinhalte. Der LAO organisiert für die Auszubildenden Lehrunterweisungen, Fachvorträge, Exkursionen, praktische Übungen sowie Leistungsvergleiche, unter anderem zu folgenden Themengebieten: Düngung/Pflanzenschutz, Bestimmungsübungen, Tierbeurteilung und Tiergesundheit. Die entsendenden Betriebe wählen aus dem Angebot die Themen und die Dauer der Verbundausbildung aus.
Ausbildungsverbund Hauswirtschaft
Eine Besonderheit unter den Ausbildungsverbünden ist der Ausbildungsverbund Hauswirtschaft beim Bildungswerk der sächsischen Wirtschaft gGmbH Bischofswerda (BSW). Dort werden Hauswirtschafter/Hauswirtschafterinnen und Fachpraktiker/Fachpraktikerinnen Hauswirtschaft ausgebildet. Dieses Modell entspricht formal dem „Leitbetrieb mit Partnerbetrieben“ und der „Auftragsausbildung“. Die Besonderheit ist, dass die Partnerbetriebe selbst keine anerkannten Ausbildungsbetriebe sind. Das BSW setzt als anerkannter Ausbildungsbetrieb die Ausbildung im Auftrag um und hat die notwendigen personellen und technischen Voraussetzungen nachgewiesen. Das BSW schließt die Ausbildungsverträge ab und übernimmt die vollständige Verantwortung als Ausbildender (Wahrnehmung der Rechte und Pflichten laut Ausbildungsvertrag).
Durch die zeitgleiche Anerkennung als Ersatzschule im Beruf Hauswirtschafter/Fachpraktiker Hauswirtschaft ermöglicht das BSW den Auszubildenden die Umsetzung der Ausbildungsordnung sowohl in berufstheoretischer Hinsicht als Lernort Berufsschule als auch in der Berufspraxis als Ausbildungsbetrieb. Die berufspraktische Ausbildung absolviert jeder Azubi in einem Partnerbetrieb, bei dem der Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit in der realen Praxis künftiger Einsatzfelder ermöglicht wird. Für die fachgerechte Vermittlung der Ausbildungsinhalte bei diesen Praxispartnern sorgen die anerkannten Ausbilderinnen des Bildungswerks. Sie begleiten hierfür die Azubis in die Unternehmen. Als Praxispartner wurden verschiedene Unternehmen beispielsweise in der Pflege oder Gastronomie, Stadtverwaltungen und kirchliche Einrichtungen gefunden. Das BSW ist dabei, dieses Modell in weitere Regionen Sachsens zu übertragen.
Konstruktives Miteinander
Natürlich bringt die Verbundausbildung in der Umsetzung auch große Herausforderungen mit sich. So gilt es neben dem Besuch der Berufsschule die Praxis im eigenen Betrieb, den Besuch der überbetrieblichen Ausbildung, die Teilnahme an der Prüfungsvorbereitung und die Termine für die praktischen Prüfungen in einem konstruktiven Miteinander zu koordinieren. Gute Planung und Abstimmung zwischen allen Partnern sind hier das A und O – und tragen maßgeblich zum Ausbildungserfolg bei.
So ist es kein Zufall, dass Betriebe, die im Verbund ausbilden, auch immer wieder für ihr tagtägliches Ausbildungsengagement ausgezeichnet worden sind: beispielsweise als „Bester Ausbildungsbetrieb der Grünen Berufe im Freistaat Sachsen“, einer Initiative des Berufsbildungsausschusses beim Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, oder vom Sächsischen Landesbauernverband e. V. als „Hervorragender Ausbildungsbetrieb“.