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Mit einer Ergebniskonferenz ging im Januar nach fünfjähriger Laufzeit das von der Universität Hohenheim koordinierte Projekt DiWenkLa (Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft) zu Ende. Das Forschungsvorhaben war eines von 14 bundesweiten digitalen Experimentierfeldern (s. B&B Agrar 2-2022), die vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) gefördert wurden. In einem Teilprojekt wurden Möglichkeiten, Risiken und Folgen digitaler Innovationen für die kleinstrukturierte Landwirtschaft Baden-Württembergs (BW) und die Anforderungen an Beratungskräfte bei der Verbreitung von digitalen Technologien untersucht.

Zentrale Ergebnisse und Lösungsansätze wurden im Rahmen eines Online-Workshops für Beratungsfachkräfte und weitere Interessierte präsentiert und diskutiert. Insbesondere wurden Informationen über den Beratungsbedarf aus der Sicht der Landwirtinnen und Landwirte sowie zu Beratungsangeboten im digitalen Agrarwissenssystem (AKIS) in BW und anderen Bundesländern, die die Digitalisierung in der Landwirtschaft unterstützen, vermittelt.

Im Mittelpunkt standen drei Leitfragen:

  • Welche Beratungsangebote und Innovationsunterstützungen für den Einsatz digitaler Technologien im Pflanzenbau und in der Tierhaltung bestehen im deutschsprachigen Raum?
  • Wie werden diese Angebote in kleinstrukturierten Betrieben wahrgenommen und genutzt?
  • Welche Trends, Risiken und Herausforderungen zeichnen sich in Bezug auf den Einsatz digitaler Technologien in der landwirtschaftlichen Beratung ab?

DiWenkLa – Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft: https://diwenkla.uni-hohenheim.de/ 

Teilprojekt 3 befasst sich mit den Möglichkeiten, Herausforderungen und Auswirkungen der Beratung zur Digitalisierung in kleinstrukturierten landwirtschaftlichen Betrieben.


Best Practice Formate

Das DiWenkLa Team der Universität Hohenheim sowie der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen stellte Rechercheergebnisse zu Beratungsangeboten zur Digitalisierung in der Landwirtschaft im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) vor und leitete daraus vier Fallbeispiele ab:

  • DigiNetz (LLH – Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen): In dem kostenfreien, öffentlich geförderten Projekt werden Feldtage, Online Workshops und Einzelberatungen zum effizienten Einsatz digitaler Technologien geboten. Die Pflicht zur Erstellung eines Digitalisierungsplans beim Antrag auf den sogenannten DIGI Zuschuss (Förderprogramm zur Implementierung digitaler Strategien und Technologien) erhöht die Verbindlichkeit und Praxisrelevanz des Angebots. Seit der Erweiterung der Förderkriterien im Oktober 2023 verzeichnen Beraterinnen und Berater einen deutlichen Anstieg an Anfragen zu Lenksystemen.
  • Experimentierfeld BeSt SH (Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein): Das BeSt SH Netzwerk (Betriebsleitung und Stoffstrommanagement – Vernetzte Agrarwirtschaft in Schleswig-Holstein) kombiniert reale Betriebsversuche mit einem Data Hub und virtuellen Klassenzimmer. Durchschnittlich gehen vier bis fünf Beratungsanfragen pro Woche ein. Charakteristika sind die schnelle Weiterleitung von Praxisfragen und betrieblichen Problemstellungen an Forschungspartnerinnen und -partner, kostenfreie Systemtests, kostenpflichtige spezialisierte Beratungen und hohe Zufriedenheit des Beratungsklientels. Es bestehen begrenzte Personalkapazitäten.
  • DigiMilch und Pflanzenbausysteme der Zukunft (LfL Bayern): An zwei Standorten betreibt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft unabhängige Digitalisierungsforschung: In Ruhstorf forschen 14 Fachkräfte zu den Themen „Digital Farming“ und „Robotik“. In Poing Grub fungiert ein 14 Hektar großer Lehr- und Erlebnispfad als „digitale Musterfläche“; Feld- und Stalltage ziehen bis zu 400 Teilnehmende pro Veranstaltung an. Seit Start des Bayerischen Sonderprogramms Landwirtschaft Digital (BaySL Digital) im Jahr 2019 wurden über 100 Feldroboter in Bayern etabliert. Die Beratung erfolgt durch die Landwirtschaftsämter.
  • Digitalisierung in der Land- und Forstwirtschaft (Landwirtschaftskammer Oberösterreich): Dieses fortlaufende, flexible Service Angebot umfasst Geo Daten Analysen, RTK Dienste (RTK – Real-Time Kinematic), Datenschutz Schulungen und Digitalisierungsplanung. Es richtet sich an kleinstrukturierte pflanzenbauliche Betriebe in Hanglagen, die präzise Technik für Effizienzgewinne benötigen.

Lösungen für die Beratungspraxis

Aus diesen konkreten Fallbeispielen ließen sich folgende Schlussfolgerungen beziehungsweise Handlungsempfehlungen für die künftige Beratungspraxis ableiten:

  • Die zunehmende Geschwindigkeit technischer Innovationen und deren Unsicherheiten stellen Landwirtinnen und Landwirte vor große Herausforderungen. Viele fühlen sich durch komplexe Systeme überfordert und wünschen sich mehr Pilotprojekte und Lernorte, um neue Technologien praxisnah zu erproben. Ein besserer Zugang zu verständlich aufbereiteten Informationen ist Voraussetzung, um fundierte Entscheidungen zu treffen und technische Entwicklungen besser einordnen zu können.
  • Die Rolle der Beratungsfachkräfte verändert sich. „Generalisten“ können angesichts der Vielfalt digitaler Themen nicht immer passgenau helfen. Gefordert werden stärkere Spezialisierung, engere Vernetzung zwischen Beratungsanbieterinnen und Beratungsanbietern sowie eine zentrale Übersicht über verfügbare Technologien, um fundierte Entscheidungshilfen zu bieten.

    Einige Teilnehmende betonten, dass kostenfreie oder öffentlich geförderte Angebote für die Mehrheit der landwirtschaftlichen Betriebe eine entscheidende Voraussetzung für die Inanspruchnahme darstellen. Insbesondere in kleineren Betrieben, in denen die Zahlungsbereitschaft gering ist, wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, unabhängige Beratung weiterhin niedrigschwellig zugänglich zu machen, um eine breite Umsetzung digitaler Technologien zu ermöglichen.

  • Beratung ist dann besonders wirksam, wenn sie direkt an den Produktionssystemen ansetzt und der praktische Mehrwert digitaler Investitionen klar erkennbar wird. Vorgeschlagen wird, dass Beratung zur Digitalisierung systematisch mit Förderprogrammen verknüpft wird – sowohl inhaltlich als auch organisatorisch. Das Ziel solcher Modelle ist es, Landwirtinnen und Landwirten nicht nur über bestehende Fördermöglichkeiten (z. B. Investitionszuschüsse für digitale Technik) zu informieren, sondern sie im gesamten Prozess aktiv zu begleiten – von der Auswahl geeigneter Technologien über die Antragstellung bis hin zur Umsetzung im Betrieb. Mobile Demonstrationseinheiten und ein bundesweiter Qualifizierungsrahmen für Beraterinnen und Berater, ergänzt durch begleitende Forschung zur Evaluation der Beratungsqualität, wurden ebenfalls empfohlen.

Integratives Netzwerkprodukt

Im Rahmen des DiWenkLa Teilprojekts wurde deutlich, dass landwirtschaftliche Beratung weit über die reine Vermittlung technischer Fakten hinausgeht. Beratung lässt sich als ein integratives Netzwerkprodukt beschreiben, in dem Information, Bildung und individuelle Problemlösung verknüpft werden. Beraterinnen und Berater müssen als „Brückenbauer“ zwischen Landwirtschaft, Forschung, Politik und Technologieunternehmen agieren. Eine zukunftsfähige Beratungslandschaft benötigt:

  • standardisierte Qualifikationspfade für Beraterinnen und Berater,
  • zentrale digitale Plattformen mit Transparenz und Vernetzungsfunktionen,
  • mobilitätsbasierte Demonstrationsangebote für strukturschwache Regionen und
  • fördergebundene Beratungspakete, die Nachhaltigkeit und Praxistransfer sicherstellen.

Mit vernetzten Ansätzen lassen sich die Potenziale der Digitalisierung nachhaltig nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit in kleinstrukturierten Betrieben stärken. Der gemeinsame Tag im Workshop zeigte exemplarisch den Weg hin zu einer integrativen Beratungsstrategie auf.


Die Förderung des Vorhabens DiWenkLa (Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft) erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) und aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft liegt bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im Rahmen der Förderung der Digitalisierung in der Landwirtschaft (28DE106A18) und wird durch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg unterstützt.