
Kooperationen zwischen Ausbildungsbetrieben zum Zweck der Qualitätssicherung, Ergänzung und Umsetzung von Dualer Ausbildung haben in Deutschland Tradition. Bundesweit gibt es unterschiedliche Konzepte mit verschiedenen rechtlichen Konstrukten. In der Regel erfolgt in Ostdeutschland eine praktische Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsbetrieb. Die Teilnahme am theoretischen Berufsschulunterricht und überbetrieblichen Fachlehrgängen komplettieren die duale Ausbildung. Im Ausbildungsvertrag werden diese ausbildungsrelevanten Bedingungen festgeschrieben und von der jeweils zuständigen Fachbehörde legitimiert.
Im Berufsbild Landwirt/Landwirtin sind die Bereiche Tierhaltung und Pflanzenbau als Ausbildungsfelder festgelegt. Gestaltet sich die Umsetzung der Berufsausbildung in beiden Bereichen im eigenen Betrieb schwierig, werden kooperative Lösungen mit einem oder mehreren Ausbildungsbetrieben gesucht und im Ausbildungsvertrag festgeschrieben. Letztere Kooperation wird als „Ausbildung im Verbund“ benannt.
Kooperation ohne Rechtsform
In Ostthüringen, speziell in den Landkreisen Saale-Holzland, Saale-Orla und Saalfeld-Rudolstadt, beschreiten die Ausbildungsbetriebe einen weiteren Weg, die Qualität ihrer Berufsausbildung abzusichern. Hier haben sich pro Landkreis ein, im Saale-Orla-Kreis zwei „Ausbildungsverbünde“ ohne Rechtsform gegründet. Pro Ausbildungsverbund kooperieren acht bis elf regionale Ausbildungsbetriebe aller Rechtsformen und verschiedenster betrieblicher Ausrichtungen.
Lehrunterweisungen: Als qualitätssichernde Maßnahmen führt jeder Verbund pro Monat eine thematische Lehrunterweisung durch. Diese finden an wechselnden Betriebsstandorten des Verbundes statt. Die Themen der Lehrunterweisungen und Orte wurden zu Beginn des Ausbildungsjahres durch die Verbundpartner festgelegt. Der Ausbilder oder die Ausbilderin des gastgebenden Verbundpartners, häufig spezialisiert für das jeweilige Tagesthema, führt die Lehrunterweisung durch und wird bedarfsweise von Berufskolleginnen und -kollegen des Verbundes unterstützt.
An den Lehrunterweisungen nehmen in der Regel zwischen zehn und 16 Auszubildende teil. Die Teilnahme variiert auch durch den vorrangigen Besuch der Berufsschule oder einer verbindlich festgelegten Teilnahme an einem überbetrieblichen Lehrgang. Den Auszubildenden aller drei Berufsschuljahre wird die Möglichkeit zur Teilnahme an den Lehrunterweisungen gestattet. Der entsendende Betrieb organisiert bedarfsweise die Fahrten. Der gastgebende Betrieb sorgt neben der fachlichen Umsetzung für das leibliche Wohl der Auszubildenden. Die Zusammenarbeit der Betriebe erfolgt gegenseitig unentgeltlich.
Entgegen der oben beschriebenen „Ausbildung im Verbund“ behalten alle beteiligten Ausbildungsbetriebe rechtlich selbstständig die Verantwortung für die Umsetzung der dualen Ausbildung ihrer Auszubildenden. Die Verbünde arbeiten eng mit den regionalen Ausbildungsberaterinnen der Zuständigen Stelle für Berufsbildung zusammen. Die Teilnahme an den Lehrunterweisungen wird in den Berichtsheften der Auszubildenden dokumentiert.
Impulse zur Ergreifung von subsidiärer Eigeninitiative durch die regionalen Ausbildungsbetriebe zur Qualitätssicherung der Berufsausbildung lieferten Workshops und Arbeitstreffen. Initiatoren dafür waren die drei Kreisbauernverbände, gebündelt durch die Regionalgeschäftsstelle Ost des Thüringer Bauernverbandes.
Koordinierung: Im Förderprogramm LEADER, das aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) sowie Mitteln des Freistaates Thüringen finanziert wird, konnte ein Kooperationsprojekt zwischen den drei Kreisbauernverbänden erfolgreich platziert werden. Hier kam den Landwirten und Landwirtinnen deren engagierte Einbindung in die Regionalen Aktionsgruppen zugute, um Initiativen zur Fachkräftesicherung in den Grünen Berufen in den jeweiligen regionalen Entwicklungsstrategien zu verankern. Über eine Laufzeit von insgesamt 36 Monaten gestattet die Projektförderung die Finanzierung einer anteiligen Personalstelle.
Selbst wenn die Weichen in der Zusammenarbeit der Verbünde gestellt und Instrumente der Kommunikation und Evaluierung der Lehrunterweisungen gefunden sind, so will die monatliche Koordinierung der vier voneinander unabhängigen Veranstaltungen organisiert sein. Einen geeigneten Koordinator oder eine Koordinatorin zu finden, erwies sich als schwierig, denn eine anteilige Personalstelle passt nur bedingt in die Gestaltung von Arbeitsleben. Dabei kommt eine fachliche und pädagogische Eignung des Stelleninhabers der Umsetzung des Vorhabens eindeutig zugute.
Vorteile für Auszubildende: Im Schuljahr 2024/2025 profitieren im Einzugsgebiet der Regionalgeschäftsstelle Ost des Thüringer Bauernverbandes 36 Ausbildungsbetriebe und deren 82 Auszubildende in den Berufen Landwirt/Landwirtin und Tierwirt/Tierwirtin von der Initiative. Vorteilhaft für die Auszubildenden ist, dass sie neben ihrem eigenen Ausbildungsbetrieb auch die Nachbarbetriebe kennenlernen. Hier lernen sie zum Beispiel deren Technik, Melksysteme, Anbau von Sonderkulturen oder spezifische Betriebsstrukturen kennen.
Auch das Lernen an einem anderen Ort bietet Vorteile. Da in Thüringen die Prüfungen nicht im eigenen Ausbildungsbetrieb stattfinden, ist ein Ortswechsel für die Auszubildenden hilfreich, um ungewohnten Situationen zu begegnen. Die prüfungsvorbereitenden Veranstaltungen dienen der Verbesserung der Prüfungsleistungen und damit dem erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung.
Die Aktivitäten der Ausbildungsverbünde gehen mit einer erhöhten Wertschätzung von Ausbildung in den Betrieben einher. Auszubildende honorieren dies durch Motivation zur aktiven Teilnahme und bekunden dies in den Evaluierungsbögen.
Ausblick: Die Arbeit der Ausbildungsverbünde unterstützt die regionale Zusammenarbeit der Landwirtschaftsbetriebe und die Kommunikation zwischen den Ausbildenden der Regionen. Perspektivisch kann dieses wegen der zunehmenden Spezialisierung der Betriebe eine Basis für die Vertiefung von rechtlich verbindlichen Kooperationen sein. Ein überregionaler Erfahrungsaustausch ist erwünscht und geplant. Aktuell überwiegen die positiven Auswirkungen der Aktivitäten. Aber: Auch nach finanzieller Unterstützung der Verbundarbeit durch das begleitende LEADER-Projekt bedarf es der eigenständigen Tätigkeit der regionalen Partner.

Eingetragener Verein in Südthüringen
Einen anderen Ansatz wählten die Südthüringer Landwirtinnen und Landwirte. Bereits 1999 gründete sich im Einzugsgebiet des dortigen Regionalbauernverbandes der Ausbildungsverbund „Grüne Berufe“ Südthüringen e. V. Ziel der Vereinstätigkeit ist die Erhöhung der Zahl der Auszubildenden in der Landwirtschaft und Verbesserung der Ausbildung durch überbetriebliche Maßnahmen.
Anders als die losen Verbünde in Ostthüringen unterliegt dieser als eingetragener Verein einer verbindlichen Rechtsform. In der Satzung verankerte Ziele des Vereins werden mit geeigneten Maßnahmen durch die Beiträge der Mitglieder, ortsansässige Landwirtschaftsunternehmen, finanziert und umgesetzt. Auch werden finanzielle Mittel, zum Beispiel aus dem ELER-Fonds, für ausgewählte Angebote eingeworben. Die Koordinierung der Aktivitäten des Vereins erfolgt durch eine Arbeitskraft in Teilzeit, welche mit hohem persönlichem Engagement und in engem Schulterschluss mit dem Regionalbauernverband Südthüringen e.V. agiert.
Ausbildungskonzept: Insgesamt profitieren aktuell 35 Mitgliedsbetriebe und jährlich rund 60 Auszubildende von der Tätigkeit des Vereins. Die Betriebe haben Vorschlagsrecht bei der Auswahl der zu beschulenden Themen. Spezifische Ausbildungsbedarfe in Abhängigkeit von den Ausbildungsständen der Auszubildenden finden Berücksichtigung bei der Erarbeitung der Konzepte.
Im Freistaat Thüringen gibt es keine Landwirtschaftskammer. Entsprechende Aufgaben übernimmt die Zuständige Stelle für Berufsbildung beim Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum. Die vom Südthüringer Ausbildungsverbund jährlich für die verschiedenen Ausbildungsjahre angebotenen ergänzenden Lehrgänge werden dort erst geprüft und zugelassen.
Die ein bis zwei Tage umfassenden Lehrgänge finden in den Betrieben der Vereinsmitglieder statt, meist zwei bis dreimal im Jahr, um allen Auszubildenden eine Teilnahme zu ermöglichen. Es nehmen pro Lehrgang immer etwa acht Auszubildende teil. Durch die kleinen Gruppen ist es möglich, näher auf die Kenntnisse und Bedarfe der Auszubildenden einzugehen.
Prüfungsrelevante Themen werden sowohl theoretisch als auch praktisch vertieft. Es erfolgt eine zielgerichtete Prüfungsvorbereitung. Auch erlaubt die Teilnahme an diesen zusätzlichen Lehrunterweisungen die Aufarbeitung, Festigung und Erweiterung des Wissens, welche in der Berufsschule vermittelt wird.
Die Unterweisung führt auch hier eine Spezialistin oder ein Spezialist des anstehenden Themas durch. Durch theoretische und praktische Aufbereitung haben die Auszubildenden auch hier den Vorteil, andere Techniken, Strukturen und Systeme kennenzulernen. Das Agieren in unbekannter Umgebung bereitet sie auf die praktische Abschlussprüfung vor, die in der Regel nicht in ihrem eigenen Ausbildungsbetrieb stattfindet.
Nachwuchswerbung: Weitere Tätigkeitsschwerpunkte des Vereins liegen auf der Betreuung und Beratung zu landwirtschaftlichen Themen in Kindergärten und Schulen sowie auf der Vermittlung von Besuchen in Landwirtschaftsbetrieben der Region. Mitglieder des Vereins sind eingebunden in die Durchführung von Unterrichtseinheiten an Grund- und Realschulen zum Thema Landwirtschaft. Das Projekt „Berufsstart Plus“, welches durch die regionalen Bildungsträger initiiert und finanziert wird, bietet Jugendlichen der siebten und achten Klassen die Möglichkeit, Einblicke in die Wirtschaft zu erhalten.
Auch hier engagiert sich der Verein mit Orientierungswochen und präsentiert, auch praktisch, die Landwirtschaft als Arbeitgeber. Im Rahmen der Präsenzen auf den Berufsmessen der Region macht sich der Verein für Eindrücke aus der Praxis stark und bietet übergreifend die Vermittlung von Praktikums- und Ausbildungsplätzen an.
Ausblick: Wenngleich die positiven Aspekte, die ein Verein mit sich bringt, eindeutig überwiegen, ist die Überwindung von Hemmnissen, beispielsweise die zum Teil beschränkten Möglichkeiten zur Freistellung der Auszubildenden für die Lehrunterweisungen, eine immerwährende Herausforderung. Mögliche Potenziale bestehen in der Kontaktaufnahme zu Schulen sowie der Zusammenarbeit mit Bildungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit.